Sein letztes Studioalbum »Doo Bop«, zusammen mit dem Rapper Easy Mo Bee aufgenommen, klingt mal wieder nach einem ganz anderen Miles Davis. Die Silberscheibe mit 40 Minuten Spieldauer verbindet knallharten HipHop mit den nervösen melodischen Kürzeln der Jazztrompete von Miles. War »Doo Bop« als erste Veröffentlichung einer neuerlichen Stilwende gedacht?
Dieser Eindruck drängt sich beim Hören der neun Stücke auf. Wer Miles Davis in den letzten Konzerten vor seinem Tod live hörte, konnte eine deutliche Hinwendung zum Funk eines George Clinton, zu Prince-Grooves und HipHop-Elementen hemerken — Muster, die ja letztendlich auch in der vorangegangenen Geschichte schwarzer, populärer Musik wurzeln.
»Doo Bop« vermittelt zwar einen Eindruck von dem, was Miles-Fans in den nächsten Jahren wohl erwartet hätte, wirkt dabei aber skizzenhaft. Und: Aus der herühmten rotlackierten Martin-Trompete schallt's vergleichsweise müde. Technisch war der angeschlagene Miles Davis bei den Aufnahmen zu »Doo Bop« allerdings voll auf der Höhe.
Die »Hintergrundmusik« ist jazz- und soulorientierter HipHop, die Samples - also mit Musikcomputern verarbeitete Schnipsel bereits veröffentlichter Stücke — stammen aus dem nahezu unerschöpflichen Fundus der 70er-Tanzplatten. Am überzeugendsten klingt die Jazz-HipHop-Fusion im Titeltrack »The Doo Bop Song«, wo Easy Mo Bee (wie die HipHop-Kollegen von »Gang Starr« schon einige Zeit vor ihm) ein altes Stück von »Kool & The Gang« verarbeitet hat und ein Loblied auf Miles rappt. (mpg)