Der macht hier manchmal Schwabenwitze, daß ich aus allen Waben schwitze.
Diesen Schüttelreim, den der Pfarrer, Autor und Politiker Siegfried Bassler Stuttgarts Oberbürgermeister Rommel gewidmet hat, hätte auch — nicht ganz so ironisch gedacht — aus dem 40köpfigen Publikum am Freitagabend im Bleichstettener Turmatelier kommen können.
Bassler, Stuttgarter Autor der »7 x 7 Schwaben«, (SPD)-Bezirksvorsteher von Häslach und seit 24 Jahren Pfarrer in der Landeshauptstadt, las knapp eineinhalb Stunden lang geistvolle und geblödelte, aber immer witzige Schüttelreime. Sein dichtgedrängt sitzendes Publikum schwitzte nicht nur wegen der Schwille, sondern auch vor Lachen.
Geschüttelt reimte sich Bassler, der als Pennäler zu dichten anfing, »weil's in der Schule so langweilig war«, durch's Musterländle. "Die Autobahn von Auenstein, die lädt uns oft zum Stauen ein" war einer seiner Sprüche. "Im Oberland bei Schussenried die Maid von einem Russen schied" ein anderer dieser Serie. "Die Hexe hier am Nesenbach zählt täglich ihre Besen nach" ist in Basslers Schüttelreim-Bändchen (DRW-Verlag, Echterdingen, ISBN
3-87181-273-0) im Kapitel über seine Heimatstadt zu lesen.
Einen Weinführer präsentierte der beredte Autor seinem schmunzelnden Publikum, und auch die geschüttelt verarbeiteten Erfahrungen als Kommunalpolitiker: "Der rabenschwarze Wadenbeißer, der wird auch nicht nur Baden weißer", charakterisierte Bassler den »Bildungsminister«. Der Bundespräsident kommt mit " Würdevoll und weiße Haare und darunter heiße Ware" eindeutig besser weg. Für sich und seine Kollegen bat der Pfarrer um Nachsicht: "Wenn in ihm oft der Zweifel tickt, bedenk, daß ihn der Teufel zwickt".
In einführenden Worten erzählte der Stuttgarter von sich und davon, dass unbewusst produzierte Schüttelreime die Wahrheit ans Licht brächten. »Das passiert etwa, wenn wir unserem Gegenüber, das sich als wortkarg erweist, bekennen: >Ich schätze Sie als dummer Stänker<, während er uns als stummer Denker auch recht wäre, sofern er nur stumm bliebe«, meint Bassler.
Witzig auch die Entstehungsgeschichte einer kleinen Beilage zum Schüttelreim-Buch: »Die Lustpratze am Brustlatze« ist der Titel des Papierbogens mit erotischen Reimen. Der Lektor, der das Buch betreute, war ein Verklemmter und wollte Sentenzen wie "Sie schlägt in ihrer Mieder Bann den Künstler und den Biedermann" oder "Willst du mich zum Lieben haben mußt du mich mit Hieben laben" nicht drucken. Nach Veröffentlichung des Bändchens wurde der alte Lektor pensioniert und sein Nachfolger kam, las und ließ nachdrucken.
Die Zuhörer dankten die humorvollen Sprüche mit viel Applaus. Freya Fischer, Organisatorin der Reihe »Literatur im Turm«, zeigte sich auch mit der Resonanz beim vorletzten Abend der Lesungs-Serie zufrieden und versprach für den letzten Freitag im September zum Abschluss einen weiteren interessanten
literarischen Abend.
Autor: Martin Gerner
Erstabdruck/Erstveröffentlichung: Reutlinger General-Anzeiger, 31. August 1992
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