John Mayall, der Vater des »British Blues Boom« in den 60ern und Mentor unzähliger heutiger Rockstars, meldete sich im Stuttgarter Longhorn auch auf süddeutschen Bühnen zurück. Der englische Rock-»Opa«, der unter anderem in seiner Formation »Bluesbreakers« solche Berühmtheiten wie Eric Clapton, Peter Green, Mick Fleetwood oder Jack Bruce musikalisch großzog, tat nach einem zu vernachlässigenden Vorprogramm mit dem Gitarristen von Hubert Goisern das, was er schon immer am besten gekonnt hat: Geradlinigen, schnörkellosen Blues spielen.
Kaum zu glauben, daß der Mann aus Mittelengland fast 65 ist: Dynamisch sprintet er nach zwei Aufwärmnummern seiner drei Begleiter (Klassisch: Baß, Gitarre, Drums) auf die Bühne — wären da nicht die grauweißen Haare, könnte man Mayall glatt für einen ganz jungen halten.
Die unseligen Zeiten des wankelmütigen Versuchs einer Standortbestimmung zwischen Rock-Klischees und altbackenem Jazz sind anscheinend endgültig vergessen. John Mayall steht nicht nur wieder — wie vor drei Jahrzehnten — in schwarzer Jeans-Kluft auf der Bühne: Er spielt wie ehedem völlig schnörkellos, bar jeglicher Effekthascherei den Blues — und kann in der neuen alten Einfachheit sehr glaubwürdig überzeugen.
Ein grandioser Techniker war Mayall nie — die Rocklegende kolportiert, daß der schon als Teenie in den Blues vernarrte seine diversen Formationen immer genau dann auflöste, wenn seine Mitmusiker siehe oben — ihre Instrumente besser beherrschten als er selbst.
Auch heute noch ist sein Spiel am Sampler-Piano eher simpel gestrickt, klingt auch nicht anders als die Gitarrenakkorde, die man seit jetzt fast 40 Jahren von Mayall kennt. Und seine Stimme ist ähnlich der von seinem seelenverwandten Kollegen »Dr. John« Mac Rebenack in ihrer blechernen Schärfe eher »charakteristisch« denn »schön« zu nennen.
Aber: Es ist die (immer noch oder wieder) spürbare Begeisterung des Musikers für seine Sache, die ihm grosses Charisma verleiht. Und so kann Mayall — völlig ohne Show, entgegen allen »postmodernen« Konzert-Regeln — sowohl ein paar recht junge Zuhörer fesseln wie auch die Mehrheit im satten Mittel-Alter.
Auch im Longhorn gilt letztendlich die Einschätzung des renommierten deutschen Blues-Experten Manfred Miller. Der hat schon vor zwanzig Jahren erkannt: »Die musikalischen Mittel von Mayall mögen begrenzt sein. Sein Enthusiasmus ist es nicht«. (-mpg)
Posts mit dem Label John Mayall werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label John Mayall werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Samstag, 25. Oktober 1997
Abonnieren
Posts (Atom)
500 von 5000
In diesem Blog habe ich 500 von rund 5000 Artikeln und Kritiken archiviert, die ich zwischen 1984 und 2012 in verschiedenen Tageszeitungen v...
-
»Wer zum Teufel ist Axl Rose?« flachste ein bestens aufgelegter Wolfgang Niedecken, »wir haben Axel Büchel.« Widerspruch kam unter den rund ...
-
Eine Parodie des Clownseins, der Besuch einer Freundin, eine hinreißend komische Einrad-Nummer und noch einiges mehr bot der Clown Georgo Pe...
-
So ausdauernd waren die Tübinger Brasil-Fans schon lange nicht mehr: Bei der Afro-Brasil-Party war das »Foyer« selbst nachts um vier auf all...