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Sonntag, 18. März 1990

Wolfgang Hohlbein: Im Sauseschritt durch Katakomben

»Einfach fantastisch«, die dritte: Jetzt war der Fantasy-Autor Wolfgang Hohlbein in der von Volkshochschule und Stadtbibliothek Reutlingen gemeinsam veranstalteten Reihe mit Lesungen fantastischer Literatur zu Gast.
Der Autor (»Um Ideen bin ich eigentlich nie verlegen«) hat seit 1983 zusammen mit seiner Frau Heike hundert Romane geschrieben. Das Erstlingswerk der beiden, »Märchenmond«, gewann gleich drei Preise. Während Heike Hohlbein zu Hause vier Kinder hüten durfte, schlug ihr Mann zuerst das linke Bein übers rechte, hakte dann den einen Fuß fest hinterm anderen ein und hub an zu lesen.
Wer weiß, wie spannend der Leseabend geworden wäre, hätte sich Wolfgang Hohlpein emanzipiert gezeigt und seine Frau lesen lassen? So war's — ganz im Gegensatz beispielsweise zum »Gastspiel« Urs Widmers vorige Woche — eine akustisch bleiern schwere Angelegenheit.
Ohne jegliche Sprachmodulaion und Pausen las Hohlbein aus dem dicken Buch »Unterland«.
Das hat, stark verkürzt, folgenden Inhalt: Ein Junge trifft auf dem Klassenausflug nach Rom einen Schriftsteller, steigt mit ihm in die Katakomben und entdeckt eine andere Welt, das »Unterland«. Der Herrscher einer mittelalterlichen Stadt in diesem Land, ein Magier, bittet den Jungen später, bei einem entscheidenden Kampf zwischen Gut und Böse zu helfen.
Das alles wußten viele der Zuhörer, beinharte Fans darunter, natürlich schon. Hohlbein las schneller als ein gutgelauner Radiomoderator, aber halt schlechter — von Seite eins bis 89.
Da passiert nicht viel, außer daß ab und an auf geschichtete Knochenhaufen zusammengefallen und die beiden Helden der Story am Ende vor einer Tür stehen.
Nach 50 Minuten gab's Fragen an den Autor. Einer hätte gern Fortsetzungen bereits veröffentlichter Bücher gehabt, eine andere wollte wissen, ob denn das schreibende Paar schon Ideen für ein nächstes Buch habe. Ein Zuhörer erfuhr auf eine entsprechende Frage vom Autor: »Eine Geschichte muß nicht immer ein Happy-End haben«.
Autor: Martin Gerner
Erstabdruck/Erstveröffentlichung: Reutlinger General-Anzeiger, 18. März 1990

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