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Samstag, 16. März 1996

Jimmy Dillon: Bluesrock-Geschichten

Es zahlt sich für einen Veranstalter aus, wenn er sich nicht wie ein Fähnchen im Wind nach neuen Musiktrends dreht. Wäre der »Adler« in Meidelstetten nicht seit vielen Jahren als die Adresse in weitem Umkreis für Zwölftakt-Belange bekannt, wären solche kurzfristig anberaumten Gastspiele wie das von Jimmy Dillon und seiner Band in dem kleinen Club wohl kaum möglich.

Die rund 50 Zuhörer (erstaunlich wenige für den »Adler«) erlebten nämlich ein Quartett mit lauter Vollprofis, die zudem musikalisch wie auch verbal jede Menge zu sagen haben. Da ist zunächst Jimmy selbst; ein ausgezeichnter Bottleneck-Bluesgitarrist, der auch auf der »National Steel-Guitar« mit überaus atmosphärischem Spiel überzeugen kann — mit seiner zeitlos rauchig-rauhen Stimme sowieso.

Nicht nur für Bass-Fans und -Experten ein Genuss war das souveräne, punktgenaue und stellenweise schon swingend elastische Spiel von Richard Cousins: Musiker von dieser Klasse (Cousins war und ist gefragter Begleiter von Eric Clapton, Rohert Cray, Etta James, John Lee Hooker oder Van Morrisson)
kann man hierzulande selten in einem Clubkonzert hören.

Der sehr zurückhaltende Drummer Paul Ravelli und Keyboarder Hendrix Ackle waren ebenso kompetent in ihren Jobs wie die beiden »Stars«. Und weil das live gespielte Songmaterial der neuen Scheibe »The Next Frame« wie auch die alten Titel Dillons intelligent mit Rock und Bluesschnipseln spielen, war's wieder mal ein außergewöhnlich gutes Konzert. Aber das ist man von »Adler«-Abenden ja gewohnt. (mpg)

Mittwoch, 3. Mai 1995

Mezz Band: Bester Bluesrock

Wieder hat sich der Ruf des »Adler« Meidelstetten als erste Adresse in Sachen Blues und Bluesrock bestätigt: Das erneute Konzert der »Mezz Band« geriet zu einer der seltener gewordenen Sternstunden mit deftig-heftiger, blues-orientierter Gitarrenmusik.

Keine vier Songs dauerte es, bis das verwöhnte Publikum in dem gut gefüllten Szene-Treff trotz brüllend lauter Tonabmischung ganz nach vorne kam — und dort bis weit nach Mitternacht auch begeistert applaudierend weiter schwitzte.

Der im Süddeutschen der Liebe wegen hängengebliebene Gitarren-Virtuose Jeff Mezzrow, der ebenso virtuose wie begleitend sensible Bassist Rick Kolow und der geradlinig zupackende Drummer Steve Hart sind — keine Frage — routinierte Clubmusiker, die es aus dem Effeff verstehen, ein Publikum in Schwung zu bringen. Die Begeisterung einer immer größer werdenden Fangemeinde auch »daheim« in Boston/USA wäre aber nicht so groß, wenn Party-Fähigkeiten alleine dastünden.

Jeff Mezzrow zeigte sich nicht nur als kommunikationsfreudiger Showman, der im Publikum Soli spielt — sondern in erster Linie als extrem vielseitiger und dabei stets ausdrucksvoller Gitarrist und als ein »Singer/Songwriter« im klassischen Stil.



Mezzrow vereint die Songschreiber-Qualitäten eines Jackson Browne mit denen eines frühen Bruce Springsteen, kann mit seiner Stimme Rock- und Bluesfeeling erzeugen und auch echten Soul singen — und ist auf der Gitarre ein Meister sämtlicher Rock-Spielarten. Zwar rutschen seine Finger öfters schneller als man zugucken kann über das Griffbrett. Aber wie bei Stevie Ray Vaughan ist Mezzrows Virtuosität nicht Selbstzweck, sondern Werkzeug seiner musikalischen Sprache.

Die umfaßt knallharten, fast schon punkigen Rock ebenso wie zarte, verhaltene Balladen, schnelle Rock-'n'-Roll-Tanznummern ebenso wie Südstaaten-Soul.

Und über allem steht der Blues: Mal klassisch rudimentär, mal Chicago-like und oft heftig rockend spielt und singt ihn Jeff Mezzrow. Überzeugend »echt« und ohne Attitüde, so charismatisch, daß man darüber seine gewiß nicht schlechten Mitmusiker vergißt. Die hatten mit ihrem überzeugenden und engagierten Spiel an diesem hervorragenden Konzert großen Anteil. (mpg)

500 von 5000

In diesem Blog habe ich 500 von rund 5000 Artikeln und Kritiken archiviert, die ich zwischen 1984 und 2012 in verschiedenen Tageszeitungen v...