Beglückt schauten Besucher und Veranstalter am Ende drein: Sie hatten Musik von unerhörter und ungehörter Intensität erlebt, enorm gefühlvolle Musik, die keine und keinen kalt lassen konnte.
Seit 13 Jahren geben der mit Ehrungen und Preisen überhäufte Frankfurter Posaunist (Träger des Bundesverdienstkreuzes erster Klasse, regelmäßig seit mehr als zwei Jahrzehnten zum weltbesten Musiker seines Instruments gewählt) und der Stuttgarter Piano-Hansdampf zusammen Duo-Konzerte. Die beiden sind seit langer Zeit Freunde und verstehen sich prächtig. Wie gut sie miteinander können, zeigten der äußerst bescheiden auftretende Mangelsdorff und sein stets etwas scheu wirkender Kumpel im Reutlinger Gastspiel ohne Worte: Intensiver und konzentrierter mit- und untereinander musizierend haben die Fans der Region das Duo selten erlebt.
Dabei waren die äußeren Bedingungen nicht gerade die besten: Das Klima im nicht klimatisierten Spitalhofsaal verdiente die Bezeichnung »subtropisch«. Mangelsdorff mußte schwer schnaufen und viel Wasser trinken. Dauners Steinway war nach einer Stunde dermaßen verstimmt, daß in der Pause der Klavierstimmer lange schraubte.
Musikalisch kamen diese Widrigkeiten kaum durch: Im zweiten Set waren die Frequenzverhältnisse der schwarzweißen Tasten wieder in Ordnung und Mangelsdorff ging (wieder mal) mit seinem an sich sehr spröden und spieltechnisch »schweren« Instrument um, als sei's eine Schul-Blockflöte. Manch einem Besucher klappte der Unterkiefer nach unten und blieb dort.
Die ursprünglich mit großer Perkussions-Familie aufgenommene Mangelsdorff-Komposition »Moon at Noon« kam auch in der reduzierten Besetzung mit enormer rhythmischer Spannung daher. Melancholisch anmutend und fast schon romantisch intonierten die beiden den »Wendekreis des Steinbocks« von Dauner — und mit seinem bereits beim Tübinger »Na endlich!«-Gastspiel des »United Jazz & Rock Ensembles« gehörten Gershwin-Prelude zeigte der Pianist, was man aus »altem« Material wunderbar Neues machen kann.
Erdig und rotzig-zupackend klang der »Wheat Song«, harmonisch und melodisch »ahgefahren« Dauners »Yin«. Bevor sich das hochmusikalische Team verabschiedete (und natürlich zu einer Zugabe wieder herbeigejubelt wurde), hörten die Besucher einen Jazz-Hit: Die Spitalhof-Ausgabe von Dauners unwiderstehlichem Dauerbrenner »Trans Tanz« fügte den zahlreichen verschiedenen 'Aufnahmen und Live-Versionen dieses Dauerbrenners eine weitere neue Facette hinzu. Klasse! (mpg)