Freitag, 18. Juni 1993

Beach Boys: Die ewige Strandparty

Die »amerikanischen Beatles« können's noch: Mehr als zwei Stunden lang sangen die kalifornischen »Beach Boys« in der Stuttgarter Schleyerhalle Hit auf Hit — und viele unter den 7 200 Besuchern sangen begeistert mit.
In Originalbesetzung mit Al Jardine, Bruce Johnston, Carl Wilson und Mike Love sowie sechs Begleitmusikern feierte das Quartett mit den Fans eine ausgelassene Party.
Romantik zwischen Surfbrett, Strand und Auto haben die »Beach Boys« in perfekte Radiosongs verpackt und damit in den 60ern einer ganzen Teenagergeneration die passende Musik zum Lebensstil verpaßt. Mehr als 20 ihrer Lieder kamen in die amerikanische »Top 20«-Hitparade.
Die Althippies — in Stuttgart zahlreich vertreten — schrien hei »Good Vibrations«, »I get around«, »Fun, Fun, Fun«, »Barbara Ann« und den vielen anderen, längst zu Pop-Klassikern gewordenen Titeln gar nicht mal am lautesten: Die »Beach Boys« zogen auch ganz junge Konzertbesucher an. Die 3-Minuten-Kunstwerke mit dem charakteristischen Harmoniegesang haben auch nach 30 Jahren nichts von ihrer Anziehungskraft verloren.

Das weiß natürlich auch Mike Love. Mit gespielter Ernsthaftigkeit kündigt er im Konzert einmal an, die alten »Car Songs« nicht mehr spielen zu wollen. Das Stuttgarter Publikum sei doch »too sophisticated«, um die ollen Kamellen 1993 noch hören zu wollen . . . Die letzten Worte des Sängers gehen im Protestgeschrei der Fans unter.
Ihren Fans liefern die auch äußerlich vergleichsweise wenig gealterten Strandjungs (ihr ehemaliger kreativer Kopf Brian Wilson nahm schon 1965 seinen Ahschied von der Bühne) die Hits dann doch — und anderes, beispielsweise »California Dreamin« der »Mamas & Papas«, noch satt dazu.
Sechs Tänzerinnen, mal als »Cheerleaders«, mal als Strandnixen bekleidet, sorgen mit schnell choreographierten Auftritten zusätzlich für Partystimmung und dezent eingesetztes Laser-Licht für »Oho's« im Publikum.
Die ließen sich die begeistert jubelnden Fans nicht mal von der miserablen und gesundheitsgefährdenden Beschallung vermiesen. Das war ein einziger Klangbrei, der da in Telefonqualität aus den Boxen dröhnte. Vom Baß war ebensowenig Differenziertes zu vernehmen wie vom Schlagzeug oder der Original-Hammondorgel, die einer der drei Keyhoarder drückte. Lediglich die Höhenanteile des Gesangs- und Gitarrensounds kamen durch - so sehr, daß es körperlich schmerzte. Dennoch: Die guten Vibrationen siegten am Ende bei allen. (mpg)

500 von 5000

In diesem Blog habe ich 500 von rund 5000 Artikeln und Kritiken archiviert, die ich zwischen 1984 und 2012 in verschiedenen Tageszeitungen v...