»Defunkt« hat den »Jazz«-Anteil in dem brodelnden Stilmix verkleinert — und sich zu einer »Pure Funk«-Gruppe mit unwiderstehlichen Rhythmusmustern entwickelt. Was sich auf der letzten Studioproduktion »Cum Funky« schon abzeichnete, wurde live vollends deutlich: Die feinziselierten, schrägen Arrangements von ehedem spielen die sechs heute mit einer knallharten »Gib ihm Saures!«-Attitüde — und Balladen waren im Tübinger Programm bis auf die Miles-Davis-Hommage »Runaway« ersatzlos gestrichen.
So hielt es denn keine und keinen im Kinogestühl — das altersmäßig und auch sonst buntgemischte Publikum drängte schnell nach vorne. Hätten die Tanzenden gewußt, daß sie drei Stunden durchhalten mußten, wären sie vielleicht umsichtiger mit den Reserven umgegangen. So waren die T-Shirts kurz vor Mitternacht klatschnaß und die Fans auch ohne Zugaben fix und fertig.
Fertig war auch jener Gast, den die exzellente Sängerin Kelli »Sae« Smith auf die Bühne holte und eindeutig sowie heftigst beturtelte. Smith gab in allen Stücken mit ihrer warmen und variablen Stimme einen schönen Kontrast zu Bowies rauhem Organ.
Der Chef spielte »amtliche« Funk-Posauneneinlagen, verteilte jede Menge Komplimente ans Tübinger Puhlikum und empfahl im übrigen Selbstbefriedigung als sicheres Mittel gegen Aids.
Selbstzufrieden schaute der körperlich mächtige Bassist Ronnie Mac Jenkins während des Konzerts drein: Er hat mit seinen fetten — und teilweise halsbrecherisch zu spielenden — »Grooves« großen Anteil an der Attraktivität des neuen »Defunkt«-Konzepts. Gitarrist Richard Lampese gibt immer wieder mit sägend-verzerrten Soli den allseits beliebten Metal-Touch: In solchen »Crossover«- Stücken werden dann allerdings die Unterschiede zu Bands wie »Living Colour« gering.
Trotzdem: Solange George Clintons »Mothership« nur alle Jubeljahre live in Deutschland landet, verkürzen »Defunkt« kompetent und schweißtreibend die Wartezeit. (mpg)