Langer Applaus und Blumen vom Veranstaltungsring gab's für Inge Meysel in der ausverkauften Metzinger Stadthalle. In "Teures Glück", einem 1979 uraufgeführten "Stück in drei Tagen" von Jean Bouchaud, sahen Fans aller Altersschichten die ehemalige »Mutter der Nation« in einer Inszenierung des Theaters im Rathaus (Essen) unter der Regie von Thomas Engel.
Eine kärgliche Pariser Mietwohnung im Abrißviertel ist der Ort, wo sich ein Drama zwischen drei Generationen abspielt. Eine schrecklich beschäftigte und in ihrer kalten Oberflächlichkeit von Irene Marhold gut dargestellten Tochter will ihre Mutter ins Pflegeheim abschieben. Das Geld aus dem Verkauf der Wohnung hat die Jüngere schon für sich verplant. Die Beauftragte des Maklers (Myriam Stark), elternlos aufgewachsen, freundet sich aber mit der Alten an und erfährt deren Lebensgeschichte.
Die Zuschauer in der Metzinger Stadthalle erlebten durch das handwerklich makellose, nuancenreiche und anrührende Spiel der Meysel, wie die Mutter im Kontakt mit der Fremden, die ihre Enkelin sein könnte, immer jünger wird - und dabei eine späte Mutterfigur für die Maklergehilfin wird.
»Das eigentliche Leben ist doch unordentlich« - die packende Weise, wie Inge Meysel eine Schneiderin aus ihrem sehr romantischen und gleichzeitig harten Leben erzählen läßt, fesselt so sehr, daß die enormen Längen des Sprech-Stücks vor allem in den ersten beiden Akten gar nicht groß auffallen.
Das tun auch Irene Marhold und Myriam Stark trotz konzentriertem Spiel kaum, solange der Star des Abends neben ihnen auf der Bühne steht. Inge Meysel geht ganz selbstverständlich ihrer Berufung als Schauspielerin nach - und ist auf der Bühne in Metzingen fast übermächtig präsent. Es sind ganz kleine Bewegungen und mimische Veränderungen, mit denen die Meysel aus einer Geschichte ein Drama werden läßt, dessen menschliche Tragik die Metzinger anrührte.
Die langen Ovationen in der Stadthalle kamen zu Recht. Und Inge Meysel verbeugte sich, mit ihrer offensichtlichen Vitalität kokettierend, tiefer als die meisten Jungen es könnten…
Autor: Martin Gerner
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