Ganz hohe und formal strenge Bühnenkunst, über die die Zuschauer trotzdem lachen konnten, gab es im Saal der Freien Georgenschule in Reutlingen: Die »Compagnia Teatro Dimitri« aus dem eidgenössischen Vescio präsentierte vor rund 150 Besuchern »La Burla del cadavere ambulante" - ein musikalische Farce in der Tradition der Commedia dell' arte.
Diese Mitte des 16. Jahrhunderts entstandene Technik des Stegreifspiels mit festgelegten Regeln und Figuren hat Regisseur Alessandra Marchetti, der zusammen mit der Autorin Luisella Sala und den sieben internationalen Spielern das Stück entwickelte, mit einem Trick der Gegenwart angepaßt: In »La Bursa« tritt eine Truppe Schauspieler an, einen alten »Canovacio«, (so heißen die Textbücher des italienischen Volkstheaters) neu zu spielen.
Die Spieler brechen immer wieder aus ihrer Rolle aus: wenn beispielsweise die Britin Jane Osborn mitten im clownesken Trubel ihrer Kollegin ein zickiges »I'm not finished yet« zuwirft, dann entstehen ironische Brüche, die zum Lachen reizen.
Noch mehr kicherten und lachten die Besucher über die vielen Faxen und Clownereien, die die Spieler handwerklich sauber und mit breiter Ausdruckspalette brachten. Allerdings war die Sprachbarriere ein Hindernis: Für die meisten war es sicher nicht leicht, den italienischen Dialogen einer verwickelten Liebeskomödie über 100 Minuten konzentriert zu folgen - und womöglich noch mehr als die Inhaltsangabe und ab und zu einen Satzfetzen mitzubekommen.
Aber weil Komik - genau wie die zwischen Operette und Bänkelgesang angelegte Musik des Stücks - auch ohne Worte ankommen kann und das Ensemble zu jedem Klamauk bereit war, klatschten die Zuschauer am Ende recht begeistert. Ein großer Teil des Applauses galt sicher auf dem schlichtweg traumhaften Bühnenbild (Alessandra Marchetti), den Kostümen - und natürlich auch den überaus ausdrucksvollen Gesichtsmasken der Spieler.
Autor: Martin Gerner
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