Dreißig Jahre lang schon schreibt er Songs, die alle wie Klassiker klingen; die meisten wurden es in den Interpretationen von Stars wie Willie Nelson oder Emmylou Harris auch. Und genauso lange leidet der Musiker unter verschiedenen Süchten, die wohl auch den breiten Erfolg unmöglich machten.
Auch den Barhocker auf der »Sudhaus«-Bühne besteigt van Zandt mit weichen Knien; mit brüchiger Stimme sagt er seine Lieder an, braucht elend lange, bis er seine Fingerpicks — Gitarren-Plektren aus Metall zum Aufstecken auf die Finger — endlich montiert hat. Und als er nach knapp 50 Minuten Pause macht, steht er auf wie einer, der Angst hat hinzufallen.
Aber wenn er mit rauchiger Stimme seine bilderreichen Songs singt und sich dazu sparsam, aber höchst wirkungsvoll auf der Western-Gitarre begleitet, ist von irgendwelchen Defiziten nichts zu spüren: Mucksmäuschenstill ist es im Saal; die Zuhörer hängen förmlich an van Zandts Lippen.
Der scherzt gutgelaunt und selbstironisch, erzählt von seiner Familie, spielt ein wunderschönes Schlaflied für seine Tochter — und zeigt den »Sudhaus«-Besuchern mit vielen Titeln seiner 94er-CD »No Deeper Blue«, daß er nicht nur von den Lorbeeren der Vergangenheit zehrt. Respektvollen, heftigen Applaus gab's für Townes in Tübingen. (mpg)