Es lag nur an Watson selbst, daß nach 90 Minuten regulärem Programm und zwei langen Zugaben endgültig Schluß war: Die Reutlinger Fans des »Gangster of Love« - wie so oft bei Watson-Konzerten waren auch am Sonntag die Frauen in der Über zahl - hätten wohl noch stundenlang weiter machen wollen.
Johnny G. halt nicht: In den 80er Jahren hatte der stilprägende Gitarrist, so wird gemunkelt, schwere Kokainprobleme und auch jede Menge sonstigen »Trouble«. Im Vergleich zu seinen Welthit-Scheiben »Ain't That A Bitch« und »A Real Mother For Ya« — beide Mitte der 70er veröffentlicht — lieferte das Vorbild von Jimi Hendrix und Eric Clapton damals sowohl auf Platte (»Strike On Computers«) wie auch live nur Mittelmässiges, manchmal gar billigen Mist.
Schön, daß es Johnny »Guitar« Watson jetzt wieder besser geht. Ganz drogenfrei schien er zwar nicht zu sein, als er mit bekannt entwaffnend-lässigem Grinsen in cremefarbenem Edeltuch auf die Bühne stolperte und professionell gleich für die Fotografen das Publikum begrüßte — aber musikalisch ließ er all das hören, wofür er berühmt geworden ist: Seine alten Hits, sein typisches, vor 40 Jahren innovatives, verzerrtes Gitarrenspiel. Und natürlich auch die charmant-freche Stimme, unverkennbares Markenzeichen und heute wohl auch — neben einem unbestritten guten Komponier-Händchen für zündende Funk-Stücke — künstlerisch sein größtes Kapital.
Bis auf wenige kurze Stellen und einen langen Blues, wo er dann die Essenz seines Spiels in ein paar kurze, abgehackte Noten verpackt, lässt die Legende seine Bluesgitarre nämlich auf dem Ständer stehen.
Watson gibt in der »Färberei 4« nicht die Leistung, die ihn zum Weltstar machte. Das braucht er aber auch nicht: Sein exzellenter Gitarrist füllt eventuelle Lücken, bevor sie im Arrangement hörbar auffallen, die Band »trägt« ihren Chef handwerklich gekonnt und so ansprechend, daß das Konzert eine runde Sache wird.
So klingen die Songs seines neuen — in den USA vergleichsweise erfolgreichen Albums - »Bow Bow« live wesentlich besser als aus der Konserve — und nicht nur einmal klarer und strukturierter als die alten Hits, die Watson in einem Affentempo anzählt. Das Publikum — von Anfang an gingen die ersten Reihen begeistert mit — goutierte dann auch neue Songs wie »Johnny G. is Back« mit sichtlich genausoviel Vergnügen wie die Oldies, wegen denen sie ja gekommen waren.
Wie das Titelstück der neuen Platte lautet auch das Resümee des — übrigens in Baden-Württemberg einmaligen Konzerts — der Legende in Reutlingen: Johnny Guitar Watson hat sich eindrücklich zurückgemeldet. (mpg)