Dienstag, 18. Juni 1996

Wolfram Huschke: Cello-Magier

So eine Form des Kultur-Sponsorings sollte es öfters geben: Weil Wolfram Huschke, der Cellist, es Birgit und Stefan Marschall angetan hat, beschlossen sie kurzerhand, auf eigene Faust ein Konzert mit dem Musiker durchzuziehen: Am Samstag war Huschke im Reutlinger »Haus der Jugend« zu Gast — und begeisterte die rund 70 Zuhörer mit seiner Musik.

Ein Wanderer zwischen den Musik-Welten ist der 32jährige Weimarer, der im letzten Jahr im Vorprogramm der Westernhagen-Tour einem Millionenpublikum bekannt wurde: In Reutlingen beginnt er mit einer Vivaldi-Impression, kontrastiert das Barocke mit der nüchternen Eigenkomposition »Erectus«, lässt in »Rain« gar so etwas wie »Blue Notes« im Jazz-Sinne anklingen. Ob Klassik, Pop, Rock, Minimal-Music oder Jazz-Huschke scheint musikalisch fast überall zu Hause zu sein, verfügt über eine enorm breite Palette musikalischer Ausdrucksmöglichkeiten.

Da gibt es ein rockiges »Crossroads« (nicht das berühmte Clapton-Stück, sondern eines von Huschke) zu hören — und gleich darauf nach der Pause wieder Bach streng und puristisch interpretiert. Und dann geht Wolfram Huschke in die vollen, greift zu seinem futuristisch aussehenden »Midi«-Cello (da kann er mit den Saiten dann allerlei Elektronik ansteuern) und fetzt später dermaßen verzerrt, als wäre sein letzter Job in einer Hardrockband gewesen.

Seine exzellente Technik — besonders atemberaubend demonstriert er sie in dem wahrhaft teuflisch schnellen Stück »Diabolica« — kombiniert er mit dezentem Einsatz eines Bandgerätes (da spielt er dann mit sich selber), Echo und Mini-Sampler. Da gelingen Huschke dann mächtige Tonschichtungen, die das Klangfarbenspektrum eines »normalen« Cellos beträchtlich erweitern.

Die Zuhörer im »Haus der Jugend« zeigten sich von der Vorstellung — und wohl auch von den »kindgerechten« Moderationen — des Solokünstlers sehr angetan: Lauten Applaus gab's für Huschke. Die Veranstalter-Premiere ist für die Marschalls äusserst positiv gelaufen. (mpg)

500 von 5000

In diesem Blog habe ich 500 von rund 5000 Artikeln und Kritiken archiviert, die ich zwischen 1984 und 2012 in verschiedenen Tageszeitungen v...