Mann, können die blödeln! Seit dem Konzert der »Prinzen« am Sonntagabend im Tübinger »Sudhaus« wissen wir endlich, warum das »Haus des Sudes« so heisst, wie's heisst: Weil's, so Bariton Tobias Künzel, »im Suden von Tubingen« liegt.
Die Tübinger lachten mit und über die ehemaligen Thomaner-Choristen und gingen bei dem perfekten, lockeren Pop-Konzert gut zwei Stunden lang mit einer geschlossenen Begeisterung mit, wie man sie im Derendinger Kulturzentrum bisher nur selten erleben konnte.
Deutschlands erfolgreichster Gesangs-Pop-Fünfer (fünf Millionen verkaufte Platten, 14mal »Gold«, sechsmal »Platin«) meldet sich mit einer Tournee durch vergleichsweise kleine Clubs eindrucksvoll zurück. Und mit dem bekannten Humor der »Prinzen«: »Fett, hässlich & Kult« steht auf dem Tourplakat als »Motto«, abgebildet ist ein nicht sehr ansehnlicher »Broiler« - da zeigen sich die Musiker ganz schön ironisch, der DDR-Vergangenheit wie auch sich selbst gegenüber.
Das »Sudhaus« -Konzert beginnt mit den auf »You Can Say You To Me«-Niveau englisch radebrechenden ungarischen »Ferenghi Voices«. Diese fünf Weihnachtsmänner bringen ein Sixties-Coverprogramm: »As Tears Go By«, »My Generation« oder »a song wis ä wäry little flaing animal« - Paul McCartneys »Blackbird«.
Da mimen die »Prinzen« mit wunderschönem A-eappella-Gesang ihre eigene Vorgruppe, bevor drei Instrumentalisten (Schlagzeug, Bass, »Sampleschleuder«-Keyboard) dazustossen und das eigentliche Programm beginnt.
Die »Prinzen« schöpfen aus dem Vollen und bringen fast ein pures Hit-Programm. Bei »Schwein sein« sieht man im »Sudhaus« zum ersten Mal ein Meer emporgereckt klatschender Hände, danach kommt die neue, witzige Geschichte vom schwulen Hund »Hasso«, der im sanft säuselnden Popcountryarrangement verpackte Autofahrer-Wutausbruch »Tausend liebe Worte« und - lautstark vom Tübinger Publikumschor begleitet - der erste Superhit der »Prinzen«, »Millionär«.
»Alles nur Geklaut«, »Gabi und Klaus«, »Bombe«, »Küssen verboten«, oder, sehr funkig, »Alles mit'm Mund« - Schlag auf Schlag singen die »Prinzen« ihre erfolgreichsten Lieder ohne grosse Atempausen dazwischen, leisten sich gesangstechnisch keinen einzigen Ausrutscher, scheinen ganz am Ende (»Vergammelte Speisen« bringen sie als erste Zugabe) noch genauso fit wie am Anfang - und empfinden das Ganze augenscheinlich nicht als harte Arbeit, sondern haben sichtlich Spass bei dem Konzert.
Verantwortlich für den Erfolg des Quintetts ist nicht nur das musikalische Können und die Präzision, sind nicht nur die vielen Ohrwurm-Melodien der »Prinzen«: Auch im »Sudhaus« kümmern sich die »Ossis« mit viel Humor und offensichtlich grundsätzlich menschenfreundlicher Einstellung um ihre Fans, die permanent beim musikalischen Geschehen mitmischen dürfen.
Sowas kommt an - selbst irgendwann bei den Besuchern auf der Empore, die Sebastian Krumbiegel am Anfang zu lasch waren. Donnernden Applaus gab's am Ende zu hören, und zufriedene Gesichter zu sehen. (-mpg)
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