Die eherne Pop-Regel gilt noch: Platten, die auch beim zweiten Anhören nicht richtig ins Ohr gehen, begleiten einen dann doch recht lange. Eine Scheibe dieser Kategorie hat Rapper und Produzent Guru jetzt mit »Jazzmatazz Volume 2 — The New Reality« (Chrysalis/EMI) veröffentlicht: Regelrechte Ohrwürmer wie »No Time To Play« oder »Down The Backstreets« von der richtungweisenden 93er-»Jazzmatazz«-Premiere scheinen auf dem Nachfolger zu fehlen, die 73 Minuten der HipHop-Jazz-Fusion, Ausgabe 1995, erfordern konzentriertes Zuhören.
Dann aber offenbaren sich hinter schleppend-schrägen Bläsersätzen, »unpassenden« Harmonien und langsam swingenden Rhythmen musikalische Schönheit und Spannung. Mal ganz abgesehen davon, daß Guru als Texter und Rapper mit seiner vergleichsweise durchdacht wirkenden Sozialkritik inhaltlich weit über dem Gros der Schnellschwätzer liegt.
Daß er seine Botschaften in einen wirklich eleganten »Rhymeflow«- Reimfluß verpackt, hat der Fan erwartet. Überrascht ist selbst der Kenner von den mehr als 30 Gast-Musikern. Neben alten »Jazzmatazz«-Mitmachern wie Trompeter Donald Byrd, Saxer Courtney Pine oder Gitarrero Ronny Jordan liefern auf der neuen CD Stars wie Kenny Garrett, Freddie Hubbard, Branford Marsalis, Chaka Khan, die Acid-Jazzer von »Jamiroquai« und selbst Reggae-Star Ini Kamoze Beiträge. »Living In This World«, »Lost Souls« und »Choice Of Weapons« sind die Anspieltips. Aber wie gesagt: Richtig Spaß macht »Jazzmatazz Volume 2« mit Sicherheit nur dem, der sich das Gebrodel mehrmals reinzieht. (mpg)
Samstag, 9. September 1995
Guru & Jazzmatazz: Eleganter Reimfluß
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