Samstag, 23. Juni 1990

La Toya Jackson: Piepsstimme aus dem Vollplayback

Die 400 Besucher der Reutlinger Disco »Wabun« — sonst erste Reggae-Adresse am Platz — mußten auf Michael Jacksons Schwester lange warten. Erst eineinhalb Stunden nach dem angekündigten Konzertbeginn ließ sich die 30jährige blicken. Die vielen jungen Fans ließen sich ihre fast euphorische Stimmung weder durch die lange Wartezeit noch durch's Fotoverbot, das Miss Jackson verhängen ließ, verderben.
Wußte der (fähige) Plattenaufleger am Montag im »Wabun« nichts vom Krach zwischen La Toya und dem Rest des umfangreichen Jackson-Clans, als er eine Platte von Michael laufen ließ? Vielleicht ahnte der Mann ja nur, was kommen würde — die bessere Musik tönte an diesem Abend vom Plattenteller.
Live spielte sowieso keiner — und selbst La Toyas Piepsstimme wurde, mit viel Elektronik aufgepeppt, vom Band geliefert. Ganze 25 Minuten bewegte sich das Popsternchen auf der Bühne; Miss Jackson machte sich nicht einmal die Mühe, ihre Lippenbewegungen einigermaßen genau mit der Musik zu synchronisieren.
Die Songauswahl war mutig und ein Fehler: Wer sich an »Motown«-Soulkassiker wie »Bahy Love« oder »You Can't Hurry Love« heranwagt, wer »Locomotion« singt oder eines Prinzen »1999« covert, begibt sich in eine schier übermächtige Konkurrenz. So fiel La Toya musikalisch gesehen durch — aber ausgesehen hat sie genau (derselbe Schönheitschirurg?) wie Michael.
Dem Publikum war's bis auf die kurze Konzertdauer recht. Den »Wabun«Eignern, die La Toya nur wegen ihrer guten Kontakte an einem eigentlich spielfreien Tag nach Reutlingen holen konnten, angesichts der Bombenstimmung im vollen Haus natürlich sowieso. La Toya hin — Michael her: Discobesitzer Hermann Schenk freut sich schon auf's nächste Reggae-Konzert. Mit den britischen Musikern von »Aswad« verhandelt er gerade. (mpg)

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In diesem Blog habe ich 500 von rund 5000 Artikeln und Kritiken archiviert, die ich zwischen 1984 und 2012 in verschiedenen Tageszeitungen v...