Absurdes Theater nach zwei Stücken von Eugene Ionesco gab es am Dienstag- und Mittwochabend im Rahmen des Programms zum zehnjährigen Bestehen des Melchinger Lindenhofs zu sehen.
Zu Gast im extrem kühlen Theaterzelt am Dorfrand war das kleine »Teatro Elfo« aus Madrid. Unter den rund 40 Besuchern der ersten Aufführung auf der Alb waren auch ein paar, die dem Spektakel in spanischer Sprache folgen konnten — aber auch die anderen haben über so manche urkomische Szene herzlich gelacht.
Das neunköpfige Ensemble hatte Ionescos zusammengehörige Stücke »Jakob oder der Gehorsam« und »Die Zukunft liegt in den Eiern« bearbeitet. Die Zuschauer sahen rund zwei Stunden lang die Geschichte eines Widerspenstigen, der gezähmt wird: Jacobo will weder Eier mit Speck essen, wie es von ihm verlangt wird, noch mag er das Mädchen, das ihm von seiner umfangreichen Familie auf einem bereits arrangierten Hochzeitsfest aufgedrängt wird, heiraten — sie ist ihm nicht häßlich genug. Die andere Tochter der Robertos hat zwar drei Nasen, aber auch die will Jacobo zunächst nicht.
In einer anrührenden Szene voller Poesie überzeugt die Roberta mit den drei Nasen Jacobo, daß sie die richtige Frau für ihn ist; die beiden heiraten. Nach drei Jahren Ehe werden die Familien der beiden ungeduldig, weil kein Nachwuchs in Sicht ist. Der Großvater stirbt, Jacobo bekommt Gottesfurcht und Tradition eingebleut und der Opa will Lieder von seinem Sterben singen. Das bekommt er verboten, und deshalb beschließt er, nichts mehr zu sagen. Später hat Jacobo die ersten Eier ausgebrütet — keiner weiß, was aus ihnen wird. Der Widerstand ist gebrochen,»die Zukunft liegt in den Eiern«.
Sinn hin, Unsinn her: las »Teatro Elfo« schlug mit Humor und viel Komik Brücken über Sprach- und Verständnisbarrieren. Besonders die Festszene im ersten Teil geriet zum sprühenden Spektakel, das die in alle Glieder gekrochene Kälte vergessen ließ: Die Hauptperson, Jacobo, fläzt sich völlig desinteressiert und gelangweilt im Sessel, seine Mutter fällt dauernd in Weinkrämpfe, wahlweise in Ohnmacht,
Opa ist ausschließlich Alkoholischem und Frauen zugetan, legt zwischendurch auf einem dreirädrigen Kutschen-Rollstuhl die linke Hand ans Perspektiv und die Rechte an sich selber und erweist sich, den Kopf mit einem Küchensieb bedeckt, als wahrer Anarchist — er pinkelt ruhig und gefaßt ins Milchkännchen
Autor: Martin Gerner
Erstabdruck/Erstveröffentlichung: Reutlinger General-Anzeiger, 28. August 1991
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