James-Bond-Regisseur John Glen hat sich — passend zum Jubiläum — an die Entdeckung Amerikas vor 500 Jahren gemacht und mit seinem Film »Christopher Columbus der Entdecker« (116 Minuten, Produktion: Alexander und Ilya Salkind) eine schön und sehr bunt in Szene gesetzte, säbelrasselnde Haudegen-Story abgeliefert, die einen schalen Geschmack hinterläßt.
Nichts von der Unterdrückung der Ureinwohner durch die ausbeutenden Entdecker wird erzählt, nichts vom religiösen Fanatismus und der Gier nach Gold, die den spanischen Abenteurer und Seemann Columbus antrieben.
Statt dessen langweilt sich der Zuschauer an den heldischen Posen von Hauptdarsteller Georges Corraface. Der hat außer blitzenden Zahnreihen und schwülstigem Treuegestammel an seine Herzensdame Beatriz (Kathryn Zeta-Jones) im Film nicht viel zu bieten.
Auch seine Mit- und Gegenspieler bleiben in dem Streifen, der mit Columbus' Versuchen, europäische Königshäuser für sein Projekt der »Entdeckung Indiens« zu begeistern, beginnt und mit seiner triumphalen Rückkehr an den spanischen Hof endet, blaß und unscheinbar.
»Magnum«-Darsteller Tom Selleck brummelt als obercooler König Fernando de Aragon ständig Zweifel an dem kühnen Unternehmen in den Bart, läßt aber seine Frau, Königin Isabella (Rache) Ward) entscheiden.
Marion Brando in der Rolle des fetten Kirchenfürsten Tomas de Torquemada wechselt in Nebenauftritten zwischen inquisitorisch-kalter und geistlich-milder Miene hin und her.
Die Rolle der Kirche in der Geschichte bleibt für den, der sie nicht kennt, offen.
Dafür gibt's jede Menge im Breitwandformat abgefilmte, gut choreographierte Kampfszenen mit scharfen Dolchen und klirrenden Säbeln zu sehen, herrliche Aufnahmen um und auf den drei Entdecker-Schiffen, jede Menge Zwischenmenschliches und viel zu lange die unendliche Weite des Ozeans.
Zu loben ist neben der Kameraarbeit (Alec Mills) die opulente und detailverliebte Ausstattung sowie die großorchestrale Musik von Cliff Eidelman. Ansonsten: Thema verfehlt.
Autor: Martin Gerner
Erstabdruck/Erstveröffentlichung: Reutlinger General-Anzeiger, 20. August 1992
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