Was haben wir nicht schon für tolle Konzerte auf den Tübinger Viva AfroBrasil-Festivals auf dem Marktplatz erleben dürfen: Unvergessen sind die eindrucksvollen Auftritte von Caetano Veloso, Milton Nascimento, Gal Costa, Martinho da Vila, Carlinhos Brown, Gilberto Gil und vielen anderen Ausnahme-Musikern, die weit über Brasilien hinaus etwas zu sagen haben und die globale Musikszene prägen.
Das früher durchaus erfolgreiche Konzept der Veranstalter, auf dem Festival Musik mit künstlerischem Anspruch und Party-Bands zusammen zu bringen, scheint vergessen. Was sich 2001 schon abzeichnete, wurde dieses Jahr konsequent durchgezogen: Fete pur war das Motto - und statt der früheren Kombination aus grossen Namen und hochinteressanten Neuzugängen gab's diesmal sozusagen weitgehend nur die brasilianischen Ausgaben der Lollies und Konsorten zu hören: Professionell und routiniert gekonnt heruntergespulte Musik ohne viel Anspruch - offensichtlich der richtige
Soundtrack für ein langes Fest und nimmermüde Tanzbegeisterung. -
Der Tübinger Marktplatz füllte sich am Samstag schneller als sonst, obwohl keine der auftretenden Bands hier bekannt ist. Entscheidend für den kommerziellen Erfolg des Festivals, da waren sich die langjährigen Afro-Brasil-Beobachter einig, scheint allein das Wetter zu sein- musikalische Feinheiten sind nicht wichtig und gehen in der Feteneuphorie unter.
Die Banda Papa Uguas mit ihren hübsch anzuschauenden Frontfrauen machte zwar als Aufheizer nette Axe-Musik, hatte aber längst nicht die musikalische Kraft beispielsweise von Timbalada, die ja auch mal als Newcomer ohne Namen in Tübingen auftraten. Die piepsigen Stimmchen der Sängerinnen sind eine detaillierte Beschreibung nicht wert.
Mehr fürs Geld boten da schon die Trommler von Harmonia Do Samba, die mit ihren durchweg zum Tanzen angelegten Songs dem Marktplatz-Publikum am Samstagabend viel Freude machten. Diese jungen Musiker haben zweifelsfrei ein Händchen für eingängige Ohrwürmer.
Musikalisch am ergiebigsten schienen O Rappa. Das Rock-Quintett trat, weil andere Acts ausfielen, am Samstag und am Sonntag auf und gefiel mit einer energischen Mischung aus richtig harter Rockattitüde, Rap, Reggae und eben auch typisch brasilianischen Elementen: Jimi Hendrix' »Foxy Lady« klang richtig aufregend in der Version dieser- nur musikalisch - bösen Buben.
Viele Besucher beschwerten sich über die hohe Lautstärke bei dieser Brasil-Crossover-Band: Noch heftiger als O Rappa wummerte es dann bei Zeca Baleiro am frühen Sonntagabend aus den Boxen.
Der Mann - Gal Costa hat ihn vor Jahren bekannt gemacht - kam mit grosser, perkussionistisch vielschichtig besetzter Band und überraschte mit einer energetischen Mischung aus US-Rock und Brasil-Rhythmen, die bei aller Lautstärke eben doch abwechslungs- und farbenreich war: Ein Cellist fügte, mit technisch bedingter Anlaufzeit, leise Zwischentöne ein. Mit einem Auftritt von Fernanda Abreu ging das Afro-Brasil2002 zu Ende. (mpg)
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