Der Meister der Stille, für den die nicht gespielten Noten ebenso wichtig scheinen wie die tatsächlich umgesetzten, ließ neue und bekannte Melodien hören- alle klar und wie immer in der Nähe zum Kinderlied. Aber halt nie kitschig, weil Garbarek sich auf die allernotwendigsten musikalischen Aussagen konzentriert.
Die Mitmusiker bekamen vom Chef fast mehr Raum, als er sich selbst nahm: Oft trat der zurückgezogen in Oslo lebende Musiker zurück und lauschte verinnerlicht den perlenden Arpeggien seines Tastenmanns oder den singenden, weichen Basslinien Eberhard Webers.
Und dann war er plötzlich wieder da, der glasklare, helle Ton des Sopransaxophons. Aus dem Nichts scheinen Garbareks Töne - mit weichem Ansatz gespielt - zu kommen, steigern sich zu packender Intensität und verschwinden dann wieder im Sound der Gruppe.
Folklore, Jazz, »ernste« Musik - Kategorien greifen schon längst nicht mehr bei dieser Musik. In letzter Zeit hat sich der Mittvierziger besonders stark mit der Musiktradition seines Heimatlandes beschäftigt. »Die norwegische Volksmusik klingt viel zu archaisch, als daß sie von Hörern anderer Weltgegenden zur Folklore gerechnet würde«, sagt Garbarek.
Daß die Zuhörer - viele saßen mit geschlossenen Augen und verzücktem Gesichtsausdruck im Konzert - von diesem neuerlichen Gastspiel hin und weg und restlos begeistert waren, liegt sicher auch an der Klopf-Kunst Marilyn Mazurs.
Die zierliche Musikerin, die als Mitglied der Miles-Davis-Group einem breiteren Hörerkreis bekannt wurde, legt in ihrem Spiel wie Garbarek selbst großen Wert auf Klarheit.
Mit einer Unzahl von Becken, Glöckchen, Schellen, Rasseln, Hölzern und auch »herkömmlichen« Trommeln legt sie, ständig in Bewegung, einen vibrierenden Puls unter die Melodien und Harmonien, folgt in der Auswahl der Klänge den anderen und schlägt aberwitzig komplizierte Rhythmen, ohne die Spannung des Ganzen aus den Augen zu verlieren. Muß hier noch erwähnt werden, daß der sowieso heftige Applaus bei Mazur besonders laut war? (mpg)