Mittwoch, 3. Mai 1995

Mezz Band: Bester Bluesrock

Wieder hat sich der Ruf des »Adler« Meidelstetten als erste Adresse in Sachen Blues und Bluesrock bestätigt: Das erneute Konzert der »Mezz Band« geriet zu einer der seltener gewordenen Sternstunden mit deftig-heftiger, blues-orientierter Gitarrenmusik.

Keine vier Songs dauerte es, bis das verwöhnte Publikum in dem gut gefüllten Szene-Treff trotz brüllend lauter Tonabmischung ganz nach vorne kam — und dort bis weit nach Mitternacht auch begeistert applaudierend weiter schwitzte.

Der im Süddeutschen der Liebe wegen hängengebliebene Gitarren-Virtuose Jeff Mezzrow, der ebenso virtuose wie begleitend sensible Bassist Rick Kolow und der geradlinig zupackende Drummer Steve Hart sind — keine Frage — routinierte Clubmusiker, die es aus dem Effeff verstehen, ein Publikum in Schwung zu bringen. Die Begeisterung einer immer größer werdenden Fangemeinde auch »daheim« in Boston/USA wäre aber nicht so groß, wenn Party-Fähigkeiten alleine dastünden.

Jeff Mezzrow zeigte sich nicht nur als kommunikationsfreudiger Showman, der im Publikum Soli spielt — sondern in erster Linie als extrem vielseitiger und dabei stets ausdrucksvoller Gitarrist und als ein »Singer/Songwriter« im klassischen Stil.



Mezzrow vereint die Songschreiber-Qualitäten eines Jackson Browne mit denen eines frühen Bruce Springsteen, kann mit seiner Stimme Rock- und Bluesfeeling erzeugen und auch echten Soul singen — und ist auf der Gitarre ein Meister sämtlicher Rock-Spielarten. Zwar rutschen seine Finger öfters schneller als man zugucken kann über das Griffbrett. Aber wie bei Stevie Ray Vaughan ist Mezzrows Virtuosität nicht Selbstzweck, sondern Werkzeug seiner musikalischen Sprache.

Die umfaßt knallharten, fast schon punkigen Rock ebenso wie zarte, verhaltene Balladen, schnelle Rock-'n'-Roll-Tanznummern ebenso wie Südstaaten-Soul.

Und über allem steht der Blues: Mal klassisch rudimentär, mal Chicago-like und oft heftig rockend spielt und singt ihn Jeff Mezzrow. Überzeugend »echt« und ohne Attitüde, so charismatisch, daß man darüber seine gewiß nicht schlechten Mitmusiker vergißt. Die hatten mit ihrem überzeugenden und engagierten Spiel an diesem hervorragenden Konzert großen Anteil. (mpg)

500 von 5000

In diesem Blog habe ich 500 von rund 5000 Artikeln und Kritiken archiviert, die ich zwischen 1984 und 2012 in verschiedenen Tageszeitungen v...