Montag, 24. April 1995

Defunkt: Funky, hart, schnell

Eine Offenbarung in Sachen Jazzfunk war das »Defunkt«-Konzert im Tübinger »Foyer« nicht gerade — die New Yorker Truppe um den Posaunisten Bowie ist seit Jahren Dauergast im »Zentrum Zoo«-Programm. Außerdem brauchten der drahtige Chef und seine Mitmusiker diesmal ziemlich lange, bevor aus einem vergleichsweise laschen Allerweltskonzert eine — ebenfalls vergleichsweise lasche — Funk-Party wurde.

Mal von der langen Anlaufzeit der Musiker abgesehen (sie spielten die erste halbe
Stunde alles andere als »auf den Punkt«), war's eine solide Sache: Die Songs des letzten Defunkt-Studioalbums »Cum Funky« bringen die derzeit sehr beliebte »Crossover« genannte Mischung aus Heavyattitüde und afroamerikanischem Feeling; aus knallhartem Rock und ebenso kompromißlosem Funk.

Und Joe Bowie, der bei diesem Tübinger Gastspiel selbst nur selten zum Instrument griff, hat das Platten-Material überarbeitet  — der sowieso schon hitzige Titel »Sexy Lover« beispielsweise kam mit brachialstem Gitarrendonner über die »Foyer«-Bühnenrampe.

Hörenswert waren neben den raren Soli des »Defunkt«-Chefs auch besonders das, was das gut eingespielte Rhythmus-Duo an Schlagzeug und Baß spielte: Kaum zu hören dagegen die Linien der Sängerin, die ihr Programm im Vergleich zu der Erinnerung an das 93er-Konzert kraftlos und nicht sonderlich intonationssicher bewältigte.

So hielt sich der Applaus der rund 200 Besucher in Grenzen; richtig Bewegung im Funk-Völkchen kam nur bei »Defunkt«-Oldies wie »Illusion« und gegen Ende auf. Zwei Stunden hat's gedauert, und »Tübingen war das beste Publikum, das wir hatten«. Von ihrer Bestform waren »Defunkt« diesmal ziemlich weit entfernt. (mpg)

500 von 5000

In diesem Blog habe ich 500 von rund 5000 Artikeln und Kritiken archiviert, die ich zwischen 1984 und 2012 in verschiedenen Tageszeitungen v...