Zu Recht: Der 36jährige, äußerst konzentriert und in sich ruhend wirkende N'Dour war der »Super etoile de Tübingen«, der mit seiner Musik, vor allem aber mit seiner zwingenden Bühnenausstrahlung alle in seinen Bann zog — und selbst seine zwölf Mitmusiker und Tänzer schauten die meiste Zeit wie hypnotisiert zu ihrem Chef.
Und das Tübinger Publikum fraß dem überaus begnadeten Sänger geradezu aus der Hand, tanzte bei schnellen »Highlife«-und »Mbalax«-Stücken, wiegte sich in poetischeren, getrageneren Konzertabschnitten in sanften Schwüngen — und setzte sich, als der begeisternd gute Leadgitarrist Jimi Mbaye eine leise Solo-Geschichte erzählen wollte, sogar bereitwillig und eilig hin.
Ein ganz besonderes Konzertereignis also, selbst im verwöhnten Tübingen.
Dabei hatte der Auftritt zu Beginn unter keinem guten Stern gestanden: Wegen tontechnischen Problemen verzögerte sich das Konzert um eine knappe Stunde — und dann war der Sound auf dem Marktplatz anfangs ziemlich mies. Vom SDR-Tontechniker, der im Ü-Wagen das Konzert für eine spätere Übertragung in SDR 3 mitschnitt, war zu erfahren, daß die Afrikaner normalerweise ohne die hierzulande üblichen Bühnen-Monitore arbeiten. So schmälerten in der ersten halben Stunde heftige Rückkopplungen und Übertragungsprobleme den Konzertgenuß.
Aber als Youssou den rhythmisch hinreißend verschobenen Titelsong »Dem« von seiner aktuellen Erfolgs-Platte »The Guide« anstimmte, waren solche Unzulänglichkeiten längst unwichtig geworden. Und selbst bei einem von der Band etwas verwaschen intonierten »7 Seconds« — das ist der 94er Mega-Hit von Youssou — störte sich niemand daran, daß Background-Sängerin Miriam Betty, sozusagen Live-Ersatz für Neneh Cherry, die auf der CD singt, heftigst daneben lag: Die Fans sangen richtig!
Geradezu überschwappend die Begeisterung, als Youssou mit verschmitztem Lächeln »a new friend« ankündigte: Gilberto Gil kam bestens gelaunt und von Jubel umtost nochmal auf die Bühne. Nach seinem hervorragenden Konzert hatte der überaus bescheidene Superstar und Übervater der »Musica Popular Brasilieira« hinter der Bühne mit den »Zoo«-Leuten gescherzt und mit Fans geplaudert — und stieg dann bestens aufgelegt mit einer akustischen Gitarre bei den Senegalesen mit ein.
Die Improvisationen N'Dours, seines Gitarristen und dem vokal-perkussionistisch auftrumpfenden Gil waren traumhafte Konzertmomente: Da schälte sich aus einem »Mbajax«-Groove ein Samba heraus, wurde zum sanft tuckernden Reggae verschoben. Das war lebendige, kein bisschen aufgesetzte, vielmehr originäre »Weltmusik« im positivsten Sinn. Manche Zuhörer hatten Tränen in den Augen vor Musik-Glück.
Klar, daß die »Zugabe«-Rufe nach 90 Minuten mit der markant-hellen »schönsten Stimme Afrikas« nicht enden wollten. Selbst Zoo-Chef Winfried Kast, der wegen ordnungsamtlichen Auflagen zunehmend öfter auf die Uhr blicken musste, schaute mit glitzernden Augen ziemlich begeistert drein.
Den Bob-Dylan-Klassiker »Chimes Of Freedom« gab Youssou N'Dour, während die Lichtregie äusserst geschmackvoll blaue und lila Lichtmuster über den Marktplatz tanzen liessen, um kurz nach halb elf als Zugabe. Einfach magisch! (mpg)