Dienstag, 3. Dezember 1996

Helmut Müller: Lange Kariere, lange Feier

Durchs Programm führte der, um den es ging, selber: Helmut Müller, der bekannte Tübinger Saxophonist, feierte sein dreißigstes Jahr als Musiker. »Jazz im Prinz Karl« und »Sudhaus« hatten gemeinsam zu einem Abend mit »einem musikalischen Portrait« — so der Programm-Untertitel — geladen; vielleicht 150 Besucher waren der Einladung gefolgt.

Das mit dem Porträt ist so eine Sache: Eigentlich gab's im großen Saal des Kulturzentrums nur Schnappschüsse vor allem des gegenwärtigen Schaffens des Saxophonisten; auch nur die wichtigsten der Musiker, mit denen Müller im Lauf seiner Karriere  zusammengespielt hat, an einem Ort zusammenzubringen, war völlig unmöglich.

So gab's — neben weitschweifigen und manchmal hart am Rande der Gefühlsduselei lavierenden Anekdötchen und Begebenheiten aus Müllers Musiker-Leben — für Kenner des auf den regionalen Bühnen viel zu hörenden Jazzers nicht viel Neues.

Klaus Feßmann entlockte seinen »Klangsteinen« die bekannt spröden und monotonen Sounds, mit »La Noce Blanche« gab's schräge Avantgarde in Ton und Text, bei »Noise Allegretto« dasselbe ohne Worte: Wenn Friedemann Dähn auf seinem elektrischen Cello den Hendrix spielt, Helmut Müller wegen der Diskanttöne rot anläuft und Manfred Kniel — wie immer locker und sehr gekonnt — seine Schlagzeug-Faxen treibt, dann ist's für Liebhaber des verspielt-versponnenen Trios der reinste Ohrenschmaus. Und im »Sudhaus« zucken immer noch ein paar Noise-Frischlinge vom nervigen Sound erschreckt zusammen...

Höhepunkt des langen Abends (aber das hat man halt auch leider erst hinterher wissen können) waren die (wieder mal) hin-und mitreissenden Duo-Improvisationen von Müller und seinem langjährigen musikalischen Weggefährten Reinhold Braig ganz zu Beginn. Die Kombination aus den atmosphärischen, warmen Flächensounds und oft perkussiv gespielten Solostimmen des Keyboarders plus dem klaren Sopran-Ton Müllers und das stille Einvernehmen der beiden in improvisatorischen Belangen, das ist und wirkt nach wie vor außerordentlich: Hier gab's von den Besuchern definitiv den lautesten Applaus. (mpg)

500 von 5000

In diesem Blog habe ich 500 von rund 5000 Artikeln und Kritiken archiviert, die ich zwischen 1984 und 2012 in verschiedenen Tageszeitungen v...