Der Mann ist ein Phänomen: Helge Schneider brauchte auch bei seinem erneuten Gastspiel in der Reutlinger Listhalle nur auf die Bühne zu kommen, um tosenden Applaus und wieherndes Gelächter zu ernten. Selbst Gesten, die von dem ehemals mit schrägen Jazz-Tönen erfolglosen heutigen Star-Komiker gar nicht komisch gemeint waren, quittierten die 700 mit lautstarken Bekundungen ihres Amüsements.
Der Mülheimer setzt nach wie vor auf gnadenlose Kaputt-Komik: permanent verstößt er gegen Bühnen-Regeln, macht dramaturgisch und showmässig bewußt und gekonnt fast alles falsch, was man falsch machen kann. Die Häschen-Witze zu Beginn haben (natürlich) keine Pointe und versanden, bevor Spannung aufgebaut ist; dauernd teilt Helge ungefragt die Uhrzeit mit — und als er aus der Pause in seinem blauen Billiganzug mit dem unverschämt breiten Revers unter der Un-Frisur wieder auf die Bühne schlappt, begrüsst er die Fans fast gähnend: »Soo . . . geht weiter . . . muss ja, nä?«
Diesmal hat Schneider keine kleine Combo dabei, und auch keine Bigband: Von einem siebenköpfigen, grundsätzlich sehr fein im Swing-Stil der späten 30er aufspielenden Salonorchester — Gitarre, Baß, Drums, Trompete, Posaune, zweimal Saxophon — lässt er sich begleiten.
Selber spielt er Flügel, Quetschkommode oder Melodica — und so manchesmal schimmert bei brillanten, jazzigen Solo-Einsprengseln durch, dass der Multi-Instrumentalist Schneider von seinen extrem vergurkten Musikparodien der letzten Jahre genug hat. (mpg)
Dienstag, 8. Juli 1997
Helge Schneider: Gnadenlos komisch
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