Mittwoch, 24. Dezember 1997

Oscar Klein: Feuriger Swing

Romano Mussolini — der italienische Jazzpianist und jüngste Sohn des Diktators — kam nicht nach Tübingen. Der über siebzigjährige Musiker habe sich, so Oscar Klein im »Casino«, trotz seiner »beinahe tödlichen« Erkältung auf den Weg an den Neckar machen wollen — und da habe ihn dann ein Streik der italienischen Fluglotsen endgültig lahmgelegt.

Auch ohne Mussolini war's ein Konzert mit »old school jazz« weit über dem Durchschnitt. »Wir möchten Sie nicht langweilen«, sagte der — wie immer — vor Kommunikationswillen strotzende Klein, »bei uns soll jedes Stück anders klingen«. Und meinte zu den knapp 50 Zuhörern, sie sollten nicht wegen der Daheimgebliebenen ein schlechtes Gewissen haben — »ich bin noch ganz anderes gewohnt, hab' auch schon vor vier Leuten gespielt«.

Dabei gehört er doch zur europäischen Elite der »altmodischen Jazzer« — und ist auch noch im fortgeschrittenen Alter auf seiner Trompete topfit. Die Halbakustik-Gitarre spielt er genauso gut — und Klarinette, nebenbei, auch noch besser als viele andere.

Oscar schiebt das dürftige Interesse darauf, daß er eben keinen amerikanischen Namen hat — und zeigt mit seinen drei Begleitern so manchem Ami-Ensemble die musikalische Harke. Auch wenn der Stuttgarter Ersatz-Pianist Werner Lehner seinen Solovortrag des schrägen Bix-Beiderbecke-Stücks »In A Mist« abbrechen muss, weil er »es nicht mehr spielen kann«, ist er doch alleine wie im Ensemble ein sehr versierter Pianomann, der wirklich überzeugend gleichermaßen Dixie und Swing wie auch moderne Stilistiken »draufhat«.

Bassist Jan Jankeje gefiel mit seiner zupackenden, dynamischen Art — und seinen querköpfigen Improvisationen innerhalb des Tuttispiels ganz besonders. Und Gregor Beck erwies sich als ein atemlos machender Trommler, der nicht nur in »I've Found A New Baby« (mindestens) soviel Power-Swing über die Bühne brachte wie früher Drummer vom Schlage eines Gene Krupa.

Es war nach eigenem, sarkastischen Bekunden Oscar Kleins »zweites Gastspiel in Tübingen, vor fünfzehn Jahren war ich im >Zoo<. Muß ein Riesenerfolg gewesen sein, wenn man mich nach so kurzer Zeit wieder einlädt.« Die Zuhörer, die ihn und seine hervorragende Gruppe jetzt im »Casino« erlebt haben, werden sicher nicht fünfzehn Jahre auf die nächste »Oscar Klein Jazz Show« mit taufrisch gespielten Standards warten wollen.   (-mpg)

500 von 5000

In diesem Blog habe ich 500 von rund 5000 Artikeln und Kritiken archiviert, die ich zwischen 1984 und 2012 in verschiedenen Tageszeitungen v...