Sonntag, 1. Februar 1998

Bernard Allison: Anderer Blues

Kinder prominenter Eltern haben es immer schwer. Bernard Allison (32), Sohn des weltberühmten Gitarristen Luther Allison, macht da keine Ausnahme. Zumal er — rein formal betrachtet — in die Fußstapfen der im vergangenen Sommer verstorbenen Blues-Ikone tritt. Auch Bernard ist Gitarrist, auch er spielt den Blues. Das Motto seiner laufenden Tournee heißt »In Memory Of Luther Allison«. Martin Gerner hat sich mit Bernard Allison unterhalten.

Eine Luther-Gedächtnis-Tour — steht da die Musik deines Vaters im Mittelpunkt?
Bernard Allison wird auf der Bühne stehen, nicht Luther . . (lacht). Na ja, ich kombiniere auf dieser Tour all die musikalischen Sachen, die ich selber gelernt und erarbeitet hab', mit ein paar Stilistiken meines Vaters. Im Grunde genommen mach' ich auch jetzt das, was man von mir kennt — und spiel' ein paar Titel von Dad noch dazu.

Du gehst weit über gängige Zwölftakt-Phrasen hinaus. Was hat dich beeinflußt?
Ganz stark ist, man glaubt's kaum, die Blues-Prägung . . . (lacht). Im Ernst: Mir ist Blues wichtig, aber das ist längst nicht alles. Ich bin in einer neunköpfigen Familie aufgewachsen, wo jeder seinen eigenen Geschmack und seine eigenen Lieblingsmusiker hat. Mit der Plattensammlung und dem Spiel meines Vaters bin ich ebenso großgeworden wie mit Soul, Rhythm' n 'Blues und Funk.

Es heißt, dein nächstältester Bruder sei der gnadenlose Rock-Jünger gewesen und du der Blues-Freak ...
Jajaja, das Image hängt mir schon ewig nach. Dabei mag ich grundsätzlich jede gute Musik und versuche auch, soviel wie möglich davon zu spielen. Ich bin sogar ganz schön Rock-beeinflußt, das liegt an der Gitarre als Instrument: Die hat diese rockmäßige Angriffslust eingebaut. Gerade haben wir in London einen Gig gespielt, von dem eine Lady meinte, es hätte geklungen, als wenn Led Zeppelin zusammen mit Muddy Waters auf der Bühne stünde.

Die alte Frage mit der Musik für die einsame Insel — welche Töne würdest du nicht missen wollen?
Luther Allison. Stevie Ray Vaughan. Johnny Winter. Und Prince: ein ganz erstaunlicher Gitarrist, viel bluesiger, als man gemeinhin denkt — und dermaßen nah dran an Jimi Hendrix! Auf Funk wollt' ich auch nicht verzichten: Eine Platte von Parliament oder irgendeiner anderen Formation von George Clinton muß mit!

Was hast du denn von deinem Vater gelernt?
Das eigentliche Spiel hab' ich mir weitgehend durch Nachspielen von Platten selbst beigebracht. Klar hab' ich mir auch den einen oder anderen Kniff bei Luther abgeguckt — aber am meisten hab' ich von ihm als Performer gelernt. Er hat immer versucht, das Publikum zu integrieren und mich gelehrt, mich nicht ausschließlich auf die Saiten zu konzentrieren — ein Fehler, den viele machen. Ich hole jetzt immer ein paar Fans auf die Bühne. Dort dürfen die dann zeigen, wie sie zum Blues tanzen können.

Bist Du einer von denen, die mit der Gitarre im Arm einschlafen?
Nö — ganz gewiß nicht. Klar spiel' ich jeden Tag, das ist mein Beruf. Aber ich häng' auch liebend gern mit Kumpels 'rum oder zocke Computerspiele, um mich von den Mühen des Blueser-Daseins zu erholen.. . (lacht). Ich bin ein absoluter Spielkonsolen-Freak!

Setzt du auch bei der Musik auf Elektronik?
Man kann sie nicht komplett verdammen - einiges hört sich gut an, das meiste aber ziemlich billig und austauschbar. Keine Frage: Ich persönlich liebe es akustisch. Aber wer weiß denn schon, ob die Fans nicht irgendwann wirklich nur noch Maschinen zujubeln... (mpg)

500 von 5000

In diesem Blog habe ich 500 von rund 5000 Artikeln und Kritiken archiviert, die ich zwischen 1984 und 2012 in verschiedenen Tageszeitungen v...