Donnerstag, 12. Februar 1998

Nikki Sudden: Derbe Gitarre, scharfe Texte

Nein, es war kein blöder Scherz: Nikki Sudden, Meister kurz-knackiger Rocksongs und in 80er-Indie-Kreisen geradezu hochverehrter Singer/Songwriter, spielte vorgestern tatsächlich live und bestens aufgelegt im Tübinger »Club Voltaire«.

Das Konzert war eine hervorragende Werbung für die neue »Beatclub«-Reihe im »Voltaire«. Zukünftig soll es dort montags oder dienstags spezielle Club-Konzerte geben — und weil das Ganze »powered by music factory« ist, dürfte die musikalische Qualität gesichert sein. Hoffentlich halten auch die Rockfans mit: Beim Auftakt jedenfalls war der kleine Club in der Haaggasse voll wie schon ganz lange nicht mehr. Viele Fans des Gitarristen mussten schlichtweg draussen bleiben, weil sie, obwohl Sudden erst um halb elf anfing, schon eine Stunde vorher zu spät gekommen waren.

Und drinnen bekam das Wort »Sardinenbüchse« eine neue Bedeutung verpasst: Das Kondenswasser floß tatsächlich an den Fenstern herab, vor dem WC war Totalstau angesagt und im Club hatte Nikkis Gitarrist kaum Platz, sein Instrument zu stimmen.

Mittendrin in dem ganzen Trubel Herr Sudden, milde grinsend, scharf formulierend und mit gewohnt derb-genialem Gitarrenspiel. Das »Let's Get it On«-Cover zu Anfang war programmatisch zu verstehen: Sudden und Band zeigten, daß »guter alter Rock« immer noch elektrisieren kann. Und ausserdem machte der nicht mehr ganz junge Rebell — wie sein Kollege Neil Young übrigens auch — locker und rotzig klar, dass man auch in fortgeschrittenen Musikerjahren seine »street credibility« nicht unbedingt verloren haben muss. (-mpg)

500 von 5000

In diesem Blog habe ich 500 von rund 5000 Artikeln und Kritiken archiviert, die ich zwischen 1984 und 2012 in verschiedenen Tageszeitungen v...