Mittwoch, 17. Juni 1998

Maceo Parker: Purer Funk

Er hat den Rhythmus, bei  dem jeder mit muß: Maceo Parker kam jetzt wieder nach Tübingen in die Mensa Wilhelmstraße, spielte — und hatte schon beim zweiten, dritten Song die gut 700 Besucher tanzend auf seiner Seite.

»Shake what you've got. Schüttel, was Du hast« war schon ganz zu Beginn die Botschaft des Altsaxophonisten und Querflötisten, der wie immer mit einer exzellent eingespielten Gruppe auftrat, an das Publikum. Und das — altersmäßig vom Teenie bis zum fortgeschrittenen Mittelalter bunt gemischt — kam der mit zwingenden Funk-Grooves vermittelten Aufforderung gerne und heftig nach: Der Mittfünfziger feierte mit seinen Fans eine erwartungsgemäß schweißtreibende Party.

Wie man das Publikum antreibt, hat er vor dreißig Jahren als Leader der »James Brown Band« gelernt — und die Erfahrungen von damals gelten auch noch heute. Die Zutaten fürs unschlagbare Rezept sind einfach: hypnotisierende, unbedingt exakte Schlagzeug-Patterns, dazu ein hart gespielter Baß, ein paar Akkord-Tupfer auf der Hammond-Orgel darüber, das Ganze garniert mit den verraucht-souligen Saxophon-Phrasen des Meisters — fertig ist das »Pure Funk«-Erlebnis.

Wieder mal ist nicht das »was« entscheidend, sondern das »wie«: Ähnlich wie George Clinton oder Bootsy Collins — mit beiden Funk-Stars hat Maceo oft zusammengearbeitet — gehen der Saxer und seine Band nämlich mit sehr grosser Intensität und Spielfreude ans Werk. Die zweifelsfrei vorhandene Profi-Routine fällt kein einziges Mal negativ auf.

Auffallend dagegen der Charme, den der schelmisch lächelnde Parker versprüht. Die Aufmerksamkeit besonders seiner weiblichen Fans vor der Bühne ist ihm sicher, wenn er — in einer augenzwinkernden Parodie eines »obercoolen« Hipsters — ein paar Tanzschritte andeutet. »Mein Gott, ist der süß«, meint eine, die Maceos Enkelin sein könnte, hingerissen zu ihrer Freundin.

Die Jungen »bedient« Parker auch mit einer gekonnten Rap-Einlage — kein Kunststück für einen, der schon vor Jahrzehnten die Basis praktisch der gesamten heutigen »Dancefloor«-Musik miterschaffen hat.

Die Älteren bekommen Funk-Feeling a la James Brown satt, dazu jede Menge psychedelisch verspielter »Funkadelic«- Gitarrenriffs und intelligente Zitate (zum Beispiel Miles Davis' »Jean Pierre«). Alle zeigen sich höchst zufrieden und begeistert — und werden wohl auch beim nächsten Maceo-Gastspiel wieder blitzschnell »auf der Matte« stehen. (-mpg)

500 von 5000

In diesem Blog habe ich 500 von rund 5000 Artikeln und Kritiken archiviert, die ich zwischen 1984 und 2012 in verschiedenen Tageszeitungen v...