Hellmut Hattler, der Ausnahmebassist aus Ulm, ist seit 30 Jahren als Mucker in deutschen Rock-Landen mit von der Partie und mindestens halb solange als Groove-Meister bekannt und anerkannt.
Mit seinem »Tab Two«-Duo zusammen mit Joo Kraus schaffte er künstlerisch und kommerziell überaus überzeugend ein echtes Jazz-Pop-Crossover. Schwierig, da nach längerer Sendepause an den Erfolg anzuknüpfen, noch etwas draufzusetzen.
Nicht für den Tieftöner, der sich trotz seiner vielen »Dienstjahre« und seiner professionellen Abgebrühtheit Sensibilität, Gespür für neue Entwicklungen und vor allem einen guten Schuss jugendlicher Unbekümmertheit bewahrt hat: Seine neue Formation »Hattler« wurde am Donnerstagabend von rund 300 »Sudhaus«-Gästen zu Recht frenetisch bejubelt, gab fast zweieinhalb Stunden lang ein Konzert mit vielen Stimmungs-Wechselbädern, groovig und tanzbar, eingängig und doch sehr anspruchsvoll, mit vielen neuen Ideen und doch noch nahe genug am »middle of the road«-Geschmack, um nicht zum Objekt von Wächtern künstlerischer Elfenbeintürme zu verkommen.
Grundsätzlich hat sich an der Musik nicht viel verändert: Wie »Tab Two« spielt auch »Hattler« europäisch-eigenständigen Funkjazz, bei dem Bass und Trompete im Vordergrund stehen. Aber zwei Dinge sind ganz entscheidend dafür, dass »Hattler« noch viel mehr überzeugt als die aufgelösten »Tab Two«: Technische Krücken spielen bei dem Quintett kaum eine Rolle; das Live-Spiel steht im Vordergrund.
Womit wir bei Sebastian Studnitzky wären: Der Tübinger Trompeter spielte seinen Vorgänger (der sich offensichtlich vor dem Konzert sehr schwer damit getan hatte, überhaupt den Saal zu betreten...) glatt an die Wand: Sowohl technisch als auch - viel entscheidender - was musikalische Tiefe anbetrifft ist Studnitzky auch für und bei »Hattler« eine enorme Bereicherung: Der Mann entwickelt sich immer mehr in Richtung Miles, ohne den Meister deswegen lediglich zu kopieren: Da zeigte sich einer der kommenden deutschen Stars, und die bei Studnitzkys Soli gebannt zuhörenden »Sudhaus«-Besucher spürten das wohl auch.
Hochinteressant auch der stimmliche Gegensatz zwischen der eher dunkel und soulig timbrierten Nketchi Mbakwe und Sandie Wollasch, die eher in Indie-Pop-Tradition phrasierte. Und unverzichtbar schienen die knallig-sparsamen, aber effektiven Drums von Oli Rubow.
Von »Hattler« wird man noch jede Menge Erfolgsmeldungen hören, da ist sich der Szene-Tonspion ganz sicher. Das musikalische Potential ist enorm und die Chemie zwischen den Gruppenmitgliedern, die sich strahlend von Tübingen verabschiedeten, scheint auch so perfekt zu stimmen, dass einer langfristigen Arbeit wohl kaum persönliche Querelen in die Quere kommen. (mpg)
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