Samstag, 13. Juni 1987

Element of Crime: Düstere Großstadtmelancholie

Was eine hochgelobte Platte und der dazugehörige Medienrummel anrichten können - zu diesem Thema gab's beim Gastspiel der Gruppe aus Berlin in der »zelle« ein Lehrstück.
Obwohl die Band bis zur Veröffentlichung ihrer aktuellen LP »Try to be Mensch« bei einem Branchenriesen nur einem kleinen Insiderpublikum bekannt war, strömten die Leute nur so zum Konzert.
Gelohnt hat es sich, auch wenn von den Vorschußlorbeeren einiges übertrieben scheint. Die klassische Besetzung von »Element of crime« (zwei Gitarren, Gesang, Schlagzeug und Baß) macht bombastische Klangwände von selbst unmöglich — der vielgerühmte Minimalismus ist nicht unbedingt das Verdienst der Band.

Auch die Musik ist im großen und ganzen nur guter Independent-Durchschnitt. Was den Reiz an der Geschichte ausmacht, ist der Gesang von Frontman Sven Regener, dessen Art, Texte zu interpretieren und auf der Bühne zu agieren.
Er ist sicher mehr als ein Viertel der Band. Musikalisch geschah am Mittwoch nichts besonders Aufregendes — die der Band nachgesagten Einflüsse kann man mit gutem Willen auch heraushören, die Gruppe bewegt sich auf dem üblichen. handwerklich gekonnten Level. Da dürfen dann auch die knalligen Drums und die sägenden Gitarren nicht fehlen: niemand hat es gewundert, daß Sven auch stimmlich düstere Großstadtmelancholie in Szene setzt. (mpg)

500 von 5000

In diesem Blog habe ich 500 von rund 5000 Artikeln und Kritiken archiviert, die ich zwischen 1984 und 2012 in verschiedenen Tageszeitungen v...