»Take me back to New Orleans» ist das Motto, unter dem der allseits bekannte Bandleader Chris Barber (Posaune, Gesang) durch die Lande reist; nach New Orleans hat er beim Gastspiel in Eningen am Dienstagabend auch vieles gebracht, was da eigentlich gar nicht hingehört.
Der ehemalige Versicherungsangestellte ist jetzt seit 34 Jahren im Geschäft; sein Gespür für das, was die breite Masse an Dixieland hören will, hat ihn auch in Rock- und Popzeiten über Wasser gehalten. Neben einer Künstleragentur und einem Musikverlag nennt Barber ein Aufnahmestudio mit angeschlossener Schallplattenproduktion sowie einen Rennstall, das »Chris Barber Racing Team«, sein Eigentum.
Wenn man das Eninger Gastspiel nur unter dem Aspekt der Unterhaltung sieht, so boten die acht Musiker zweifellos eine Menge Show fürs Eintrittsgeld: Wenn Barber und sein Trompeter nicht gerade begannen zu singen, oder der Bandleader eine seiner ellenlangen Moderationen (mit kräftiger Eigenwerbung) darbot, war nett arrangierte Musik zu hören, die die Zuhörer auch von Anfang an zu frenetischen Beifallsbekundungen hinriß.
Zweifellos sind Barber und seine in schwarze Anzüge gekleideten Mitspieler Vollprofis: Das fing bei den sorgfältig einstudierten Witzchen und den etwas läppisch wirkenden gegenseitigen Vorstellungs- und Huldigungsgesten an und hörte mit optisch reizvoller »Choreographie« der Musiker auf.
Der Jazzfreund aber, der von einem Konzert mehr erwartet als nur perfekte Spieltechnik und schöne Klänge, wurde am Dienstagabend so manchesmal bitter enttäuscht: Barber hat den fatalen Hang, die einmal gefundene erfolgreiche — Masche überall gnadenlos einzusetzen. So wurde aus dem langsam-verhaltenen Original von »The Man I Love« ein wilder Fetzer, der wohl an den urspriinglichen Absichten des Komponisten und der Stimmung des Songs vorbeiging. Sie spielen »real jazz music«, heißt es in dem gleichnamigen Titel, »music from a land of dreams«.
Da liegt Barber — und diese Aussage war in Eningen durchaus programmatisch zu verstehen — gewaltig schief. Wenn Jazz eines nie war, dann »Musik aus dem Land der Träume«. Es liegt nahe, eine Reduzierung des Gruppennamens vorzuschlagen: »Chris Barber Band«. Solche Einwände vermögen die Musiker und das Eninger Publikum indessen sicher nicht anzufechten: Fast alle hatten in der Grieshaberhalle ihren Spaß. (mpg)
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