Das Interesse des Reutlinger Publikums an den Texten von Walter Mehring, Erich Mühsam, Brecht und Klabund — von Walter Stapper in der »Tonne« vorgetragen — kann allzu groß nicht sein; knapp 20 Besucher schauten sich das 90-MinutenProgramm an.
Es war eine Art von Wiedergutmachung an den Dichtern, die von den Nationalsozialisten unterdrückt und verfolgt wurden — der Literat und Kabarettist Erich Mühsam wurde im KZ Oranienburg ermordet — und deren »Rehabilitation« eigentlich von ganz anderen Leuten als Künstlerkollegen betrieben werden müsste.
Mehr als 40 Jahre nach dem letzten Krieg sind die Autoren, denen Walter Stapper ein engagiert vorgetragenes und liebevoll zusammengestelltes Programm gewidmet hat, immer noch weitgehend unbekannt. In keinem Schulbuch finden sich ein Text von Klabund oder Mühsam — die Inhalte scheinen wohl immer noch brisant zu sein.
Von Walter Mehring gab es unter anderem »Die Ballade von der Lehrerin Elly Maldaque« zu hören, die ihren Unterricht wegen angeblich kommunistischer Propaganda nicht mehr fortsetzen durfte; Klabund (der eigentlich Alfred Hanschke hieß) war mit der »Ballade des Vergessens«, einem »Porträt von Francois Villon«, dem sich Henschke seelenverwandt fühlte, der »Verlassenen« und anderen Werken vertreten.
Der Rezitator begleitete sich selber auf der Gitarre; leider litt die ansonsten recht überzeugende Präsentation unter dem nicht immer guten Gesang. Trotzdem: Es ist wichtig, dass einer diese Lieder noch singt.
Autor: Martin Gerner
Erstabdruck/Erstveröffentlichung: Reutlinger General-Anzeiger, 11. November 1988
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