Der Besuch war schlecht: Lediglich 160 Jazzfans kamen zum Gastspiel des wegen seiner enormen Leibesfülle gerne »Old Kugelbauch« genannten Bandleaders und seiner Musiker: solche Flops regen in Reutlingen aber niemanden mehr auf. Die Besucher teilten sich den Platz mit den Stellwänden der Jugendbuch-Ausstellung; als »JugendArt«-Veranstaltung wurde das Konzert auch angekündigt, obwohl der hohe Eintrittspreis — bei einem 18-Mann-Orchester zwar gerechtfertigt — jugendliche Fans mit schmalem Geldbeutel von einem Besuch abhielt.
Zu erleben gab es ein Bighand-Konzert der obersten Klasse — also das, was man von der »Peter Herbolzheimer Rhythm Combination & Brass« seit zwei Jahrzehnten gewohnt ist. Man muß sich das einmal vergegenwärtigen: In einer Zeit, wo Swing und Bigband-Jazz nicht gerade übermäßig gefragt sind, wo selbst kleine Profi-Ensembles ums Überleben kämpfen müssen und europäische Musiker gegenüber ihren amerikanischen Kollegen in der Publikumsgunst den Kürzeren ziehen, schafft es Herbolzheimer, eine 18-Mann-Band am Leben zu erhalten. Bei Herholzheimer spielt die europäische Spitze; von ihm und seiner Band liessen sich die Stars aus Amerika begleiten. Mel Lewis, Nancy Wilson, Stan Getz, Clark Terry oder auch Benny Goodman waren mit der Arbeit des gebürtigen Rumänen alle zufrieden.
Auch im zwanzigsten Jahr macht die Band des Posaunisten und hervorragenden Arrangeurs Herholzheimer spannende Musik »Was zählt, ist die Qualität eines Stücks«, sagt der Chef und integriert alle möglichen Stile, von Bebop bis Rock, Funk oder Blues, in sein Konzept.
Das Publikum macht mit, und weil Herholzheimer nicht nur eigene Konzerte gibt, sondern auch unzählige Fernsehproduktionen, -Shows und -Serien mit seiner immer swingenden Musik ausgestattet hat, hat er auch schon vielen Leuten Jazziges näher gebracht, die in dieser Musik eigentlich nicht zu Hause sind.
Das Publikum im Alber-Haus nahm die Musik der »Rhythm Combination & Brass« begeistert auf und freute sich über die solistischen Beiträge der vielen hochkarätigen Musiker, die Peter Herbolzheimer um sich versammelt hat. Am Baß war Thomas Stabenow zu hören, der in der Region genauso bekannt ist wie der Trompeter Johannes Faber. Der blies nicht nur bei den »Seven Steps to Heaven« wunderschöne Soli; Ack van Rooyen stand ihm auf dem Flügelhorn in nichts nach. Der Saxophonist John Ruocco, Herbolzheimers Posaunen-Kumpel Jiggs Whigham, die Brüder Eric und Bart van Lier oder auch Jörg Reiter am Klavier lieferten Beiträge, die über das sowieso schon hohe spieltechnische und improvisatorische Niveau der Mitglieder dieser Bigband hinausragten.
Die Qualität der Band hatte ihre Entsprechung auf der tontechnischen Seite: Das Konzert wurde von Carlos Albrecht, einem der besten europäischen Tonmänner, in einer für das Alber-Haus sehr guten Klangqualität abgemischt. (mpg)