»Fremd. Daheim.« ist eine Liebeserklärung in verschiedenen Prosatexten und Gedichten an den Bodensee und sein Umland. Allerdings nicht aus der Sicht eines dort Geborenen, sondern mit dem vielleicht schärferen Blick des »Ausländers«, der ins Alemannische zugezogen ist.
Der Autor des Buchs, Hermann Kinder, wurde 1944 im polnischen Thorn geboren und wuchs in Schwaben, Mittelfranken, Hessen und Münster auf. Er hat Kunstgeschichte, deutsche und niederländische Philologie studiert, seit 1967 auch an der damals neu gegründeten Universität Konstanz. Heute ist Kinder dort Akademischer Rat. Das studentische Leben nimmt denn auch in dem vorliegenden Buch breiten Raum ein.
"Wenn ich mich einmal verführen lasse, in eine Konstanzer Weinstube zu gehen, wenn ich die Fasnacht begucke oder den Fassnacht höre, kann ich mir nichts mehr vormachen: Es ist euer Bodensee, ich bin hier nur geduldet. Die Konstanzer sind wie alle Inselbewohner von grätigem Charme. Sie reden nicht lange drumherum: Einer, der an der Uni ist und irgendwie hochdeutsch spricht (denn dass zwischen Mainz und Flensburg Unterschiede bestehen, ist hier nicht so wichtig), so einer wird nie ein Konstanzer und am besten geht er dahin, woher er gekommen ist."
Kinder beschreibt langatmig sein zwiespältiges Verhältnis zu den Einheimischen — sie sind so anders als er selbst (meint Kinder jedenfalls), und doch hat er sie in ihrer vermeintlichen Schroff- und Direktheit lieben gelernt. Die Nachbarn am anderen Ufer des Sees kommen auch dran bei Kinder: Die Geschichte »Herr Schwyzer im kleinen Grenzverkehr« beschreibt — ironisch, stellenweise auch sehr zynisch — Verlklemmtheiten der Eidgenossen.
Eindrucksvoll gerieten Kinder seine Beschreibungen der Landschaft und Städte - und lustig die Erzählung vom »schweizerischen Badeplatz«, der nur in der Theorie für alle da ist, sonst nur für die Einheimischen. Gedichte und Portraits seiner alemannischen Schriftstellerkollegen Rainer Brambach und Martin Walser runden das Buch ab.
Autor: Martin Gerner
Erstabdruck/Erstveröffentlichung: Reutlinger General-Anzeiger, 25. Juni 1991
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