Komm mit mir ins Abenteuerland, und tu's auf Deine Weise — für die »Pur«-Fans in Stuttgart war in der Samstagnacht die Endstation der Rock-Bahnhof.
3 500 machten die Deutschpop-Reise live in der Bahnhofshalle mit, Tausende standen auf 15 weiteren Bahnhöfen, wo eigene Veranstaltungen von dem per Videowand übertragenen Auftritt der Bietigheimer Musiker gekrönt wurden. Und Millionen schauten und hörten sowohl auf SDR 3 (Ton), Südwest 3 (Bild) wie auch bundesweit via ARD bei diesem Konzert zu. Ein Rock-Großereignis also, dieser Abschluss des »Pop-Train '95«.
Hartmut Engler und Co. lieferten auf der vierten Station ihrer momentanen Deutschlandtour bis auf vier neue Songs nichts, was die Reutlinger nicht schon bei den regelmäßigen Gastspielen der jetzt erfolgreichsten Pop-Band Deutschlands (seit Wochen an der Spitze der Hitparade; zweimal »Platin« für die gerade erst erschienene neue Platte) in der Listhalle erlebt haben. Gitarrist Rudi Buttas verrichtet wie eh und je ruhig und zurückhaltend seine musikalisch sehr effektive und überlegte Arbeit, rechts von ihm tänzelt Frontmann Engler mit sparsamer Gestik, dirigiert das Publikum. Die anderen liefern im Hintergrund harmonische Rock-Perfektion.
Dreieinhalbtausend »Pur«-Fans (mehr wollte das Stuttgarter Ordnungsamt nicht in den Bahnhof lassen) klingen satt. Natürlich sangen die überwiegend sehr jugendlichen Fans bei dem 85-Minuten-Konzert von A (»Abenteuerland«) bis Z (»la le Lu«) grösstenteils mit, natürlich konnten die Stuttgarter auch schon die Texte des neuen Albums auswendig.
Und natürlich war der Jubel bei den alten Ohrwürmern »Lena« oder »Hab mich wieder mal an Dir betrunken« fast am Überschwappen. Ansonsten gab's einen für »Pur«-Verhältnisse kurzen Querschnitt durchs Hit-Programm, vermischt mit neuen Songs: »Brüder«, »Dass es Dir leid tut«, »Bis der Wind sich dreht«, »Freunde« oder »Ich lieb' Dich«.
In der Ansage zu »Wenn sie diesen Tango hört« grüsst Hartmut Engler seine Mama, bei den »Indianern«, machen die »guten Menschen von Bietigheim« (»FAZ«), deren Erfolg ja auch darauf beruht, dass sie weder textlich noch musikalisch irgend jemandem weh tun, in Politik: Das »Fuck Chirac«-Tuch, das sie von zwei Bühnenhelfern für fünf Sekunden ausrollen lassen, wird mit heftigem Jubel quittiert.
Wie von den Bietigheimern seit 1989 - da gastierten sie in der Metzinger Kelter - auch in der Region gewohnt, war die Show hochprofessionell, handwerklich perfekt, ohne steril oder allzu routiniert zu wirken. Nur aus dem aufblasbaren Mega-Drachen, der bei der entsprechenden Zugabe in der Hallenmitte schnell hätte aufsteigen sollen, war irgendwie
die Luft raus... (mpg)
Montag, 2. Oktober 1995
Pur: Endstation Rockbahnhof
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