Montag, 19. Februar 1996

Walter Schultheiß und Trudel Wulle: Schwäbische Szenen - Schlag auf Schlag

»Dettinger send do, a Abordnung Pfadfinder aus Aarau, au a paar Pfullinger . . do hot mr sich dra g'wehnt« — schon bei den Begrüßungsworten von Mundart-Wochen-Organisator Wilhelm König zeigten sich die Besucher im restlos gefüllten Reutlinger Matthäus-Alber-Haus sehr lachfreudig: Dorthin war das Gastspiel wegen der großen Nachfrage verlegt worden; der ursprünglich vorgesehene Spitalhofsaal wäre viel zu klein gewesen.

Die Lesungsgäste des in Rundfunk und Fernsehen seit Jahrzehnten bekannten Schwaben-Paars Walter Schultheiß und Trudel Wulle kamen auch die nächsten zwei Stunden nicht mehr aus dem Lachen heraus: Schlag auf Schlag feuerten die beiden äußerst populären Volksschauspieler — er in bekannter Art meistens in der dezent überzogenen Rolle eines schwäbischen »Bruddlers«, sie oft Sprecherin ebenso neugieriger wie raffinierter Schwoba-Frauen -eine Pointe nach der anderen ab. »In mir bruddelt ebbes«, meinte da der »Karle« zur »Emma«, »i ben et oinr, sondern drei — zwoi diskutierat em meim Kopf, ond i gäb des Abstimmungsergäbnis bekannd.«



In einer anderen Szene möchte sie etwas »Großes leisten, aber sauber muß es sein«. Er antwortet: »Ha — no niinm'sch a Zahnbürscht und du'sch de Fernsähturm abwasche!«.

Im weiteren Verlauf dieses Sketches erwähnte Schultheiß immer wieder einen »Traugott Armbrüschtle«, der einfach — im Gegensatz zu Schiller und »Gethe« — alles hinkriegt: Sogar einen Ottomotor baute dieser große schwäbische Geist auseinander und wieder zusammen. Auf die Frage, »ja, wer isch no au dieser Armbrüschtle?« kommt von ihrem Mitleser in gottergebenem Tonfall die Antwort: »Dein erschter Mo.«

Sehr erheitert zeigten sich die MundartWochen-Besucher auch von dem Telefon-Sketch, in dem Schultheiß vom Kumpel aus Hollywood angerufen wird und lang und breit telefoniert — solange, bis ihm sein Freund mitteilt, daß der Angerufene zahlt, weil's ein R-Gespräch ist: »So an Schwab, so'n amerikanischer«, schimpft der Geizhals in der Heimat.

Recht absurd geriet ein Text, wo einer nur zu einer »Wilhelm Tell«-Vorstellung ins Theater will, sein Gegenüber aber von Tuten und Blasen keine Ahnung hat: »Ja — in welchem Theaterstück hat der Hamlet den Tell denn dann spielen müssen«, fragt Wulle am Ende dieser Nummer, die schlichtweg Saudoofe überzeugend spielend…

Das war alles so recht nach dem Geschmack der Zuschauer, die zwischendrin immer kollektiv laut auflachten und begeistert applaudierten. Wilhelm König hatte zwar zu Anfang launisch darauf hingewiesen, daß es hier keinen »Fasching, Fasnet oder sonstwas« gebe: Die gute Sketchauswahl und das große sprecherische Können von Waltet Schultheiß und Trudel Wulle sorgten aber dafür, daß die Zuschauer genauso leicht und unbeschwert, aber mit viel feinerem Humor als gemeinhin bei Narren-Veranstaltungen üblich unterhalten wurden.
Autor: Martin Gerner

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In diesem Blog habe ich 500 von rund 5000 Artikeln und Kritiken archiviert, die ich zwischen 1984 und 2012 in verschiedenen Tageszeitungen v...