In superknappen »Hot Pants« kam sie wohl auf die Bühne, weil es ihr beim letzten Tübinger Gastspiel vor einem Jahr im »Foyer« viel zu heiss war. Auch jetzt musste Aziza Mustaf ah Zadeh, die begnadet brillante Pianistin aus dem aserbaidschanischen Baku, wieder beim Tübinger Festival ganz schön schwitzen: Die Kombination aus geschlossenem Zelt und einsetzendem Regen sorgte für schwüles Festivalwetter.
Vielleicht lag's am Klima, dass die von Industrie, Kritik und — fast zwangsläufig — auch vom Publikum hochgelobte Tasten-Virtuosin am Freitagabend im halbvollen Zirkuszelt eine eher unterkühlte Vorstellung gab. Von der Hitzigkeit ihres ersten Tübinger Konzerts war diesmal wenig zu spüren.
Dafür gab's viel Gesang von Aziza zu hören: Meist hochdramatisch mit viel Vibrato phrasiert, mit Viertelton-Abstufungen und oft unisono mit den Klavier-Melodien angelegt. Öfters spielte Mustafa Zadeh dabei mit elektronischen Speichermöglichkeiten und sang mit den Echos der eigenen Stimme im Duett.
Der kunterbunte Stilmix, den die Pianistin auf ihrem Instrument kocht, klang diesmal sehr unbeteiligt. Egal, ob sie aserbaidschanische Folklore, spanische Themen (die nicht die Atmosphäre trafen), Jazz-Standards, mit Perkussionsinstrumenten oder fast schon wieder »klassisch« romantisch spielte: Die oft atemberaubende Virtuosität — vom Publikum schon vor dem Konzert erwartungsvoll mit viel Applaus bedacht — kam jetzt in Tübingen nicht sehr seelenvoll über die Bühnenrampe.
Fast wirkte es, als ob die Musikerin einer lästigen Pflicht nachkäme, Einstudiertes halt abspult. Nur einmal, als sie im Stück »I'm Sad« ihrem verstorbenen Vater ein Denkmal setzte, wirkte Aziza von ihre eigenen Musik berührt. Ansonsten hätte man sich das Live-Konzert im Vergleich zu den drei Platten-Produktionen Mustafa Zadehs sparen können. Zumal die brummenden Stromgeneratoren bei diesem vergleichsweise leisen Konzert doch arg störten. (mpg)
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